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Zum St. Wendelinstag - 20. Oktober
Aus einer Abhandlung im Außferner Boten vom 22. Oktober 1927 (S. 5 u. 6), zur Bedeutung des Tages des St. Wendelin, als dessen Kirchenpatron er dem Gotteshaus von Grän ansteht.

der hl. Wendelin
St. Wendelin ist ein bekannter, vielverehrter Viehpatron. Die einzige Kirche, die in unserer Gegend diesem Heiligen geweiht ist, ist die zu Grän. Die Geschichte dieser Kirche ist aus diesem Grunde zum Teil auch eine Geschichte der Viehseuchen vergangener Zeiten in unseren Gegenden. Im Kirchenarchiv finden sich hierüber verschiedene Aufzeichnungen, aus welchem hier Einiges angeführt sei. An Stelle einer kleinen Kapelle wurde im Jahre 1617 ein Kirchlein zu Ehren des hl. Wendelin erbaut. 'Und weilen dann leider zu derselbigen Zeit unter s. v. — (salva venia — mit Verlaub zu sagen) Roß und Vieh eine solche Sucht, Pest und Krankheit hat grassiert und umgegangen ist, daß zum mehreren Teil in der ganzen Pfarre an Roß und Vieh in drei Tagen gesund und tot erfunden worden, und weil dann die Nachbauerschaft in Grän sich miteinander beschlossen und verbunden haben, daß sie dem hl. Wendelin — auferbauen werden diese obbemelte Kapelle, und ist der Anfang des Baues beschehen im Monat Märzi anno 1617'.
'Im Jahre 1696 grassierte allenthalben eine schreckliche Viehseuche, drang in Nesselwängle ein, es wurde ein Kreuzgang zu St. Wendelin mit einem lebenden Opfer gemacht und die Gefahr verschwand'.
Dieser Kreuzgang ist an der unteren Emporbrüstung mit Inschrift abgebildet.

In den Jahren 1790 — 93 wurde eine neue, die jetzige Kirche gebaut. Aufzeichnungen aus dieser Zeit besagen: 'Nachdem während der Revolutionen und Franzosenkriege die s. v. Viehseuche in den Jahren 1793 — 98 und besonders 1796 und 1797 grausam, schrecklich und fürchterlich zu wüten anfing und über 5 Jahre fortdauerte und fast ganz Deutschland überschwemmte, besonders aber Bayerland, Schwabenland, Württemberg, Elsaß auf Welschland und ganz Venetianische so heftig ergriff, daß im ganzen Distrikten kein Stück Vieh mehr übrig und anzutreffen war, — auch sich endlich dieser Uebel und allgemeinen Landplage und Strafe Gottes auch in unser liebes Vaterland Tirol erstreckte, und sich auch von allen Seiten unsern Grenzen so näherte, daß sie in Nassereith schon großen Und langwierigen Schaden anrichtete, auch schon in Ehrwald und Lermoos spuckte, auch in Füssen und ganz Kemtischen so einriß, daß sie schon bis Wertach herwärts und in den Gegenden Sonthofens erstreckte — so faßte unser erster Seelsorger Johann Franz Rief aus dem Nesselwängle gebürtig — den Entschluß in den 4 hiesigen Gemeinden (Weilern) eine allgemeine Sammlung von Haus zu Haus in eigener Person vorzunehmen, um von diesem Geld und Opfer zu Ehren des hl. Wendelin den kurz zuvor von Josef Tauscher, Wundarzt aus dem Nesselwängle hieher gestifteten Hochaltar, und von Augustin Müller auf der Loog verschaften Kanzel fassen lassen zu können, damit wir auf diese Art von dieser schrecklichen allgemeinen Landplage und augenscheinlicher Strafe Gottes durch die Fürbitte unseres Kirchen- und Schutzpatronen Wendelins befreit bleiben möchten, weches auch — nach dem Beispiel unserer Vorältern, die auch in derlei Fällen dergleichen taten, geschehen ist' — Diese Sammlung ergab in der Gemeinde Grän 136 fl. 'Nach dem Beispiel unserer Gemeinden und beginnen mehr um sich fressender Viehseuche entschlossen sich die übrigen Pfarrsgeistlichen und Gemeinden jede für sich selbst einen öffentlichen Kreuz- und Bittgang mit Opfer um Abwendung der Viehseuche zu Ehren des hl. Wendelin hieser zu errichten. Diesem zu Folge kam das Pfarrskreuz den 13. Dezember 1796 bei großer Kälte hieher, hielt die Gottesdienste da, verrichtet ihre Andacht und legte jede Gemeinde für sich durch ihre Gemeindevorsteher ihre ansehnlichen Opfer dar, bei welcher Gelegenheit sich die Gemeinde Oberhöfen besonders auszeichnete und nebst barem Geld noch eine s. v. Kuh opferte, welche das Jahr über 50 fl. R. W. gegolten hat. Den 17. Christmonat kam die Gemeinde Nesselwängle und den 5. Jänner 1797 kamen die Gemeinden Zöblen und Schattwald miteinander vereinigt'.

Die Summe des gesamten Opfergeldes mit der Kuh betrug 132 fl. womit verschiedenen Statuen in der Kirche angeschafft wurden. Die letzterwähnten Kreuzgänge sind an der oberen Emporbrüstung dargestellt. 'Im Jahre 1839 im Monat Juli und August brach abermal in der ganzen Umgebung in Bayern wie in Tirol die sogenannte Maul-, Eiter- und Klauenseuche aus und ergriff das Rindvieh so sehr, daß es durch 8 Tage bereits nichts zu sich nehmen und so hungern mußte. Die Milch war durchaus nicht brauchbar und die Mittel den kranken Tieren ihre Leiden zu mildern sehr gering — ja es zeigte sich, daß Kühe ohne Anwendung eines Mittels viel leichter durchkamen als andere, an denen man alles anwendete. Diese Seuche ergriff auch das Tal Tannheim, besonders Schattwald, Zöblen, Tannheim und auch sogar Grän blieb nicht ganz verschont. Da traten aus Furcht ergriffen die Gemeindemänner von Nesselwängle zusammen und beschlossen, am 20. Oktober 1839 als am St. Wendelinstag einen Kreuzgang nach Grän mit der Verpflichtung, diesen Gang 4 Jahre nacheinander zu verrichten, wenn sie von dieser abscheulich stinkenden Seuche an ihrem Vieh verschont bleiben möchten. Und wirklich auf Fürbitte des hl. Wendelin hat diese Seuche in der Gemeinde Nesselwängle kein Stück von den Haustieren angefallen, und blieben ganz verschont — setzen daher bis auf den heutigen Tag ihre Kreuzgänge sehr eifrig fort und nach ihrem Beispiel ermuntert, kamen im Jahre 1842 den 20. Oktober das Pfarr-, Zöbler- und Schattwalderkreuz hieher, so daß die ganze Pfarre Tannheim in diesem Gotteshaus zu Grän beisammen vereint war... (1844). Die Kreuzgänge von Tannheim und Nesselwängle kommen auch jetzt noch jedes Jahr nach Grän, sowohl am 5. Juli als auch am 20. Okt.