In einer Mühle bei Reutte stand einmal ein Mahlknecht in Diensten, der von den Hexen arg verfolgt und gepeinigt wurde. Wenn er nämlich nachts im Bette lag, kamen sie über ihn, rissen ihn vom Lager, warfen ihm ein Pferdekummet um den Hals und spannten ihn wie ein "rechtmäßiges Roß" ein. Er mußte dann all die Hexen stundenlang herumfahren, bis sie ihn zuletzt wieder ausspannten und in sein Bett verbrachten. Da klagte der Knecht, der ob der nächtlichen Hetze und Plage ganz abmagerte und schwach wurde, einem klugen Mann, der in Hexensachen gut Bescheid wußte, seine Not und bat ihn um Hilfe. "Laß nur mich sorgen!" sagte der; "ich will mich heute nachts an deiner statt in dein Bett legen, und dann will ich mit den Hexen schon fertig werden."
Er machte es so, und richtig kam des Nachts eine Hexe mit einem Pferdegeschirr in die Kammer und wollte es dem im Bette Liegenden umwerfen. Der aber war schon vorbereitet, benützte einen Vorteil, entriß ihr das Kummet und kehrte nun den Spieß um, indem er es der Hexe um den Hals warf und diese dann zwang, ihm Roß zu sein. Er spannte sie an einen Wagen und fuhr mit ihr aus. Nachdem er genug gefahren, spannte er das Roß wieder aus und stellte es in den Stall, aber ohne es auszuschirren. Hierauf legte er sich wieder zu Bett. Als man ihn des Morgens fragte, wie es ihm in der Nacht gegangen sei, sagte er: "Ganz gut ist das Fuhrwerk von statten gegangen; zudem haben wir jetzt den schönsten Fuchs im Stall und ein Geschirr gleich auch dazu!" Als man im Stalle nachsah, stand die Müllerin angeschirrt im Pferdestande.
Reiser, 1895