Wenn man von Petersthal gegen Vorderburg geht, kommt man unterhalb Mittbichl und Ried am Kübelesschachen vorbei und Kübelesbach, über den eine Brücke führt. Hier wurden die Leute gerne vom 'Kübelesweible' belästigt und geschreckt. Es ließ sich da nachts oft blicken, hatte stets einen großen weißen Strohhut auf und trug altertümliche Kleidung. Am öftesten sah man es unterhalb der Brücke am Wasser stehen, in dem es plätscherte und wusch; manchen aber stellte es sich mitten in den Weg, daß sie gar nicht mehr weiter konnten.
Ein Weib aus Oy Namens Barbara K. wurde von ihr einmal stundenlang irregeführt und so sehr in Angst und Schrecken gebracht, daß sie seit der Zeit im Gemmüte nie mehr ganz recht wurde. Andere bemerkten es auch einmal, als sie nachts beim Mondschein heimkehrten, und sobald sie dann zur Kübelesbrücke kamen, erhob sich, obschon sonst alles windstill war, ein starker Wind, daß es ihnen die Hüte fortnahm. Im nahen Kübelesschachen ließ sich darauf eine wunderschöne Musik vernehmen.
Am meisten Anstände hatten indes gewöhnlich die Fuhrleute, besonders zur Zeit, als noch die Rodfahrt ging. Die Rosse merkten es allemal gleich, wenn das Weible irgendwo um die Wege war, und dann blieben sie stehen und waren nicht mehr weiter zu bringen, zumal über die Brücke, oder sie fingen an zu 'gimsen' und zu schnauben, wurden ganz wild und scheu und sprangen über den Weg oder rasten davon. Das geschah selbst bei Pferden, die sonst lammfromm und zuverlässig waren. Einem Fuhrmann soll das Weible einmal sogar von hinten auf den Wagen gestiegen sein, und wie es niedersaß, habe es ein Geräusch gegeben, als würde eine Menge Sand auf das Bodenbrett des Wagens geleert, und es schien, als wäre derselbe mit einer ungeheuren Last beschwert worden. Die Rosse aber wurden ganz rasend und sprangen mitsamt Wagen und Fuhrmann über den Weg hinaus in ein wildes Gebüsch.
Früher wollten einige behaupten, das Kübelesweible sei ursprünglich die Köchin eines geistlichen Herrn gewesen, und mit dem habe sie es jahrelang gehabt, was aber wiederholt nicht ohne Folgen geblieben sei. Da habe sie dann jedesmal das Kind hinausgetragen zum Kübelesbach und über die Brücke hinunter in das reißende Wasser geworfen. Zur Strafe für die schauerlichen Greuelthaten an den unschuldigen Kinderchen habe sie nun nach ihrem Tode bei der Kübelesbrücke geisten müssen.
Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus - Dr. Karl A. Reiser (1895)