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Der Eremit von Gschnait


Bei Friesenhofen und Frauenzell steht auf waldiger Anhöhe die Wallfahrtskapelle Gschnait, die alljährlich von Hunderten frommer Wallfahrer aus nah und fern besucht wird. Über die Entstehung der Wallfahrt erzählt die Sage folgendes.

"Als vor Zeiten einmal in Kempten ein Kloster aufgehoben wurde, zogen zwei Klosterherren aus, jeder den entgegengesetzten Weg. Der eine von ihnen kam auch in diese Wildnis. Alles war voll Moor und Sumpf, weithin war kein Obstbaum zu sehen. Hier baute er eine Hütte und lebte von Wurzeln und führte ein frommes Leben. Aber er wußte nicht, wo er eine Quelle fände um seinen Durst zu löschen. Da bemerkte er einmal, wie alle Tage eine Schaar wilder Raben einem Orte unten an dem Hügel zufliege, und gewiß sei dort eine Quelle. Er zog ihnen nach und fand richtig ein Brünnlein, eine Viertelstunde über steilen Felsen drunten. Das Brünnlein selbst ergießt sich, kaum ans Licht getreten, schon wieder in einen Felsen. Dahin kam der Einsiedler täglich.

gschnait eugen felle
Gschnait.
Nach einer Zeichnung von E. Felle.
Einmal nach langer Zeit kam auch der andere Einsiedler, der etwas jünger war, in diese Gegend, um den alten Freund aufzusuchen. Er hatte seine Fußspuren im Schnee (vom Brünnlein an) verfolgt und gelangte zu der Hütte. Da fand er den ehemaligen Freund, der aber nichts mehr von der Welt wissen wollte und ihn von dannen gehen ließ. Er solle nach vielen Jahren wieder kommen und dann nach ihm sehen, wenn er gestorben sei. Er kam dann nach langer, langer Zeit wieder.

Der Einsiedler hatte ihm streng verboten, jemandem etwas von seinem Aufenthalt zu sagen. Da traf er die Hütte wieder, dabei ein Grab; drinnen lag sein Leichnam und alles mögliche Gestrüpp, verfaultes Holz ec. auf ihm. Man machte Anstalten, um ihn zu begraben und nach Frauenzell zu führen. Trug ihn hinunter zum Brünnlein und lud ihn auf einen Wagen. Aber allemal kehrten die Zugtiere wieder um, dem Berg hinauf zu, und sie waren nicht weiter zu bringen.

Darin sah man eine höhere Weisung und begrub den Leichnam droben. Bald erhob sich über dem Grabe eine kleine Kapelle und ein Kreuz. Allgemein war jetzt die Verehrung des Einsiedlers, und die Kapelle wurde nach und nach eine berühmte Wallfahrt. - Eine Unzahl, man sagt an die Tausende, kleiner und großer hölzerner Kreuze sieht man droben, ja bis ans Brünnelein herunter alles voll und bis weit in den Wald hinein. Diese Kreuze werden oft von den Wallfahrern zehn bis zwölf Stunden weit hergebracht.

Jeder Wallfahrer opfert nach Vermögen, alle möglichen Schmucksachen legt man auf die Altäre; der fromme Glaube weiß sogar von dem Opferbewahrer, der einmal frevelte und etwas beiseite that, daß er habe nicht mehr wegkommen können, bis er durch des Priesters von Frauenzell Hilfe befreit worden sei. Besonders häufig werden Werg und Garn unter dem Geopferten gesehen. Auch nehmen Augenleidende von des Eremiten Brünnlein Wasser mit; es soll heilsam sein.

Woher der Heilige war und wie sein Name gewesen, weiß niemand!"


Von den zahlreichen Kreuzen, die bei dem Kirchlein früher standen, hieß es immer, wenn man sie wegnehme, seien sie wieder am andern Morgen dort. Davon wollten sich einmal einige Burschen überzeugen, schlichen nachts herzu und nahmen alle Kreuze mit. Als sie am Morgen nachsahen, waren richtig alle vollzählig an ihrem Platze. Auch ein Kimratshofer ging einmal hinauf, hieb mit der Axt alle Kreuze um, das größte nahm er mit und sagte lästernd, jetzt habe er den Alten; nun werde den Leuten das Wallfahrten schon verleiden. Der Mann wurde aber von da an krank und starb kurze Zeit darauf an einer abscheulichen Krankheit.
Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus - Karl A. Reiser (1895)


In unmittelbarer Nähe der beiden Kapellen befindet sich der sogenannte Wald der Kreuze. Es ist Tradition, die hölzernen Übergangskreuze nach einer Beisetzung in direkter Umgebung der Wallfahrtskapelle aufzustellen. So stehen sie in großer Zahl dicht beieinander und sollen die Erinnerung an die Verstorbenen bewahren.

gschnait übergangskreuze

gschnait schneewunder 1843
Im Vorraum der großen Kapelle ist ein großformatiges Votivbild in einem schwarzen Rahmen angebracht. Es gedenkt des sogenannten Schneewunders von 1843, als im März ungewöhnliche Zeichen im Schnee entdeckt worden sein sollen.

Burg zu Gschnait

Im Jahr 1437 waren die Herren von Heimenhofen zu Berghofen, für diesen Ansitz auch Schnaitter genannt, in Gschnait ansässig, womit der Ortsname erstmals in einer Urkunde auftauchte. 1511 erwarb dann das Kloster Kempten die Burg Gschnaidt, ließ diese aber wohl verfallen. Im Jahr 1630 wurde Gschnaidt nur noch als Standort einer Holzmark erwähnt.

Noch heute sind an den Abhängen rund um den einstigen Burgplatz zahlreiche Gräben und Hohlwege im Gelände auszumachen.

Die Wallfahrtsstätte

gschnait, wallfahrtskapelle
die Wallfahrtskapelle Gschnait
1666 wird am Burgstall ein Kreuz erwähnt, welches offenbar bald durch eine kleine, hölzerne Kapelle ersetzt bzw. ergänzt wurde.
1750 tritt Pfarrer Schmid von Frauenzell als Förderer der Wallfahrt auf, 1767 wird der Bau der hölzernen Kapelle als "Hütte - einem Vogelherd vergleichbar" durch Pfarrer Motz von Kimratshofen aber zum Abriss angezeigt.

Das Volk scheint dies jedoch nicht gekümmert zu haben, sie setzen die Wallfahrt nach Gschnait unvermindert fort.
1848 wird eine neue Kapelle gebaut, welche aber nur durch Vermittlung des Frauenzeller Pfarrers nicht wieder abgerissen wird - es war ein 'Schwarzbau' und die Behörden wurden wohl übergangen. Erst 1854 erfolgte schließlich die Bewilligung, woraufhin 1855 auch gleich größer gedacht und somit ein größerer Kapellenbau beantragt wurde. Am 11. August 1856 kann schließlich das Richtfest gefeiert werden.


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