Bei Steeg zeigt man einen Platz, auf dem einst ein Haus gestanden ist, und erzählt davon folgende Geschichte. - Der Mann, dem das Haus gehörte, hielt sich als Hausierer im Auslande auf. Da kam er einmal zu einem reichen Herrn, der sehr traurig war. Der Hausierer fragte den ernsten Mann gar zutraulich um die Ursache seiner traurigen Stimmung. Darauf erwiderte der Herr: "Wie soll ich heiter sein, wenn der Hausgeist mir keine Ruhe läßt und ich vor ihm nicht einmal des Lebens sicher bin? Wer für dies Hausübel ein Kraut wüßte, dem wollte ich´s gut lohnen."
Der Lechthaler sagte, wenn es nur das sei, so wolle er schon helfen. Sie wurden bald des Handels einig, und der Lechthaler erhielt für die Übernahme des Koboldes einige hundert Gulden. Und siehe, zu derselben Stunde, in der der Handel abgeschlossen wurde, gab´s im Hause bei Steeg einen Höllenlärm. Es war gerade, als ob Wägen in´s Haus rollten und Pferde hineintrampelten; doch sah man weder Mann noch Maus. In der Nacht wiederholte sich der Lärm, und ein Kind wurde vom Geiste erwürgt. Nicht besser ging es in der zweiten Nacht zu, so daß am dritten Tage die geängstigte Familie aus dem Hause zog. Bald darauf kam der Mann aus der Fremde zurück und suchte bei Geistlich und Weltlich Hilfe, jedoch vergebens. Alle Gebete und Exorcismen halfen nichts. Da ließ er das Haus abbrechen und an einem andern Platz aufbauen; nur die Thürschwelle wurde an Ort und Stelle zurückgelassen, damit das Gespenst auf dem alten Platz gebannt bleibe.
Reiser, 1895