Die Ruine Ehrenberg bei Reutte birgt einen großen Schatz, den man schon oft hat "blühen" sehen, und den man auch schon einigemal hat heben wollen, was aber jedesmal vereitelt wurde. Ein früherer Schloßverwalter, der ein Sonntagskind war, sah in seinen Knabenjahren einmal unterhalb des Gemäuers plötzlich Feuerflammen aus dem Boden herausschlagen. Als das zwei Biberwierer erfahren hatten, verschafften sie sich einen Kelch vom Schloßkirchlein und eine "Schatzrute" und fingen dann an zu graben. Da erschien aber "der Geist der Hölle" und fragte wild, was sie da wollten. Sie gaben keine Antwort. Da sprach jener weiter: "Den Schatz will ich euch verschaffen, aber ihr müßt mir eure Seelen verschreiben." Doch die Männer achteten seiner nicht und gruben lange stillschweigend weiter. Als aber der Höllengeist immer dreister und ungebärdiger auf der Unterschrift bestand, rief endlich der eine: "Jesus und Maria, das kann ich nicht thun!" Sogleich versank die Kiste, die sie schon zur Hälfte ausgegraben hatten, und der Teufel verschwand. Später gruben sie nochmals, fanden aber nichts als glühende Kohlen. Sie nahmen davon zwischen zwei Steinen eingeklemmt ein Stück zur Probe mit heim und dachten, es könnte sich vielleicht in Gold verwandeln. Richtig hatten sie zu Hause statt der Kohle einen Klumpen Gold. Sie wollten nun mehr holen, allein die Kohlen waren allesamt verschwunden.
Reiser, 1895