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Wechner Gotthard

Wechner Gotthard, Reutte

Geburts-, Wohn-,
Arbeits- oder Wirkungsort

Reutte

Sterbejahr
1923

Franziskaner-Pater

410


Aus: Ausferner Bote vom 18. Okt. 1923
Reutte, 18. Okt. (P. Godehard Wechner †.) An einem kalten Frühmorgen senkten sie ihn hinab in die Gruft. Weiß bereifte Berge schauten kalt und unnahbar über die spitzen Häusergiebel des Marktes. Ein grauer Dämmer lag am Himmel. Auf geweihtem Boden stand der schwarze Sarg und wir beteten still vor der Majestät des Todes. Dann hoben sie ihn hinab in die enge Schattenkammer seiner toten Brüder. Ein dürres, braunes Blatt rauschte am Baume und verfing sich im Astwerk. — Das ist Sterben. — Nun brennt eine Kerze drunten und blasser Schein fällt auf frisches Mauerwerk, da steht: R. P. Godehard Wechner † 13. X. 23. Hochw. P. Godehardus wurde geboren 1869 zu Flirsch, trat in den Orden 1893, war Priester seit 1897. Während seiner priesterlichen Tätigkeit war er dreimal in Reutte als Guardian, Direktor des 3. Ordens, Katechet, Sonntagsprediger usw.; kurz, es gab wohl keine Funktion, die er nicht ausgeübt hätte. Aber einen besonderen Namen machte er sich als Gründer der Volksbibliothek im hiesigen Kloster. Ihm war nicht unbekannt der Zug der neuen Zeit, dieses Drängen in den Köpfen nach Mysteriösem, Abergläubischem, das die Leere des Herzens füllen sollte, dieses Befriedigung Suchende des modernen Geistes in der Literatur, dieses Hineinverschlingen alles dessen, was geboten wird, was erreichbar ist im Leben in Großem, in der Litteratur im Kleinen. Er fühlte mit mit dem Drang der Zeit, die immer pocht auf Entwicklung der Persönlichkeit und des Individuums. Da setzte er aller sinnlosen Spekulation nach Schundware, nach Schundgenuß mit kräftiger, arbeitsfroher Hand eine eiserne Wehr entgegen. Er gab dem erwachenden und erwachtem menschlichen Geiste Stütze, Halt und Ziel. Er lenkte die Volksseele in das Reich eines echten, katholischen Volksgeistes. Das ist nach außen sein größtes Verdienst. Viel Kraft setzte er darauf. Er arbeitete, bis ihn die tückische Krankheit aufs harte, leidvolle Lager warf und den zähen, nimmermüden Mann zermürbte. Er litt als stiller Held. Nun ist er tot. Und wir alle schicken ihm noch tausend Dank und Grüße nach, diesem echten, lieben Manne in der Mönchskutte. R.I.P.