zunter.net-Logo
Start » Schnippsel » Kleine Kriegsbilder (1914)


Kleine Kriegsbilder (1914)

Mitgeteilt von einem Kaiserjäger aus Reutte

Aus: Außferner Zeitung vom 1. Nov. 1914
Der Ueberfall

Nach dem mit so großem Erfolge durchgeführten Sturmangriff am 28. August sammelte sich das Regiment um 8 Uhr abends vor einem Dorfe und bezog dort in gesicherter Stellung Freilager. Alles war voll fröhlicher Stimmung über unseren schönen Erfolg und das Erzählen über die einzelnen Begebenheiten dieses unseres ersten Kampfes wollte kein Ende nehmen. Kameraden wurden gesucht und freudigst begrüßt, wenn man sie unverletzt antraf, Scherzworte flogen bin und her. Manchmal mischte sich jedoch auch ein Tropfen Wehmut in die allgemeine Freudesstimmung, denn mancher Kampfgenosse war nicht mehr oder wurde wenigstens vermißt.

Es wurde nun von unseren Leuten abgekocht, da an ein Anlangen der Feldküchen wohl nicht zu denken war. Dann ging es an das Herrichten von Liegestätten, wozu die zahlreich auf den Feldern liegenden Strohschober gute Dienste leisteten. Den Nachthimmel röteten die Flammen mehrerer brennender Dörfer. Zuweilen tönte das Hilfegeschrei der Verwundeten vom Schlachtfelde herüber, aus dem sich die Lichter der das Feld absuchenden Sanitätssoldaten wie Glühwürmchen hin und her bewegten. Für die Sicherheit war durch die auf den Flanken und in der Front aufgestellten Feldwachen hinlänglich gesorgt. Es freute sich jeder einmal, ein paar Stunden anständig schlafen zu können. Doch es sollte anders kommen. Um 11 Uhr erloschen die letzten Lagerfeuer und bald lag das ganze Lager still und ruhig da. Es dürfte ca. 1 Uhr nachts gewesen sein, als uns plötzlich heftiges Gewehrfeuer aus der Nachtruhe aufschreckte. Eine am Vorabend versprengte russische Infanterieabteilung, die wahrscheinlich im allgemeinen Vordringen unbemerkt sich in einem Wäldchen versteckt hatte, überfiel uns im Rücken. Zuerst ein wirrer Lärm, jeder griff nach dem nächstbesten Gewehre und schon krachte eine starke Salve dem unsichtbaren Gegner entgegen, worauf noch einige Schüsse von gegnerischer Seite fielen und allmählich das Feuer wieder verstummte. Der plötzliche Ueberfall hatte in unserm Lager ein unbeschreibliches Durcheinander angerichtet. Man fand nichts mehr von seinen Sachen, alles war vertauscht. Es war die momentane Aufregung zu groß, zumal man auch nicht wußte, wo der Gegner und wie stark er war. Da sich beim Gegner nichts mehr rührte, stellten auch wir das Feuer ein und blieben in unserem Lager. Patrouillen wurden ausgesandt. Vom Schlaf war natürlich keine Rede mehr. Gewehr bei Fuß verbrachten wir zornig über diese gemeine Ruhestörung den restlichen Teil der Nacht. Verluste hatten wir bei diesem nächtlichen Angriff merkwürdigerweise gar keine. Es hätte Wohl bös ausfallen können, wenn der Feind einen Bajonettangriff gemacht hätte, aber dazu fehlte ihm die Schneid. Am andern Morgen wurde dann die Ordnung wieder hergestellt, Gewehre, Rüstung ausgetauscht usw. Hieraus wurde das Rückterrain gesäubert und die russische Abteilung entdeckt, welche sich jetzt kampflos ergab. Einige Kolbenstöße waren der Lohn, den einzelne derselben für ihre blöde Ruhestörung erhielten.

Des Kriegers traurigste Arbeit

Es war am frühen Morgen nach dem eben geschilderten nächtlichen Ueberfall, als von jeder Kompanie ein Schwarm zur Aufsuchung von Verwundeten und Sammeln von Toten aus der Schlacht am Vortage kommandiert wurde. Auch mich traf es zu dieser sehr traurigen Arbeit. Wir fanden noch manche Verwundete, die die ganze Nacht draußen gelegen und vergeblich um Hilfe gerufen hatten. Flehentlich baten sie um einen Schluck Wasser, um Verbände usw. Manche hatten infolge der Nachtkälte Fieber bekommen und phantasierten und mancher mag während der Nacht sein junges Leben ansgehaucht haben, das bei rechtzeitiger Hilfe noch zu retten gewesen wäre. Allein es ist ganz unmöglich auf einem so ausgedehnten Schlachtfelde während der Nacht alle Verwundeten aufzufinden. Wir halfen, wo wir konnten, Freund und Feind wurde gelabt. Noch trauriger war das Zusammentragen der Toten. Qualverzerrte, blutüberronnene Gesichter, starre Augen, schreckliche Wunden, so lagen sie noch zu Dutzenden herum, in manchen Schützengräben drei vier Mann aufeinander in allen möglichen und unmöglichen Lagen und Stellungen, dazwischen aufgedunsene Pferdekadaver, die Luft verpestend, Gewehre, Rüstungen, Bagagewägen, Geschütze, Maschinengewehre usw., ein schauderhafter Anblick. Schweigend verrichteten wir unsere traurige Arbeit. Freund und Feind wurden zusammengelegt, um später begraben zu werden.

Friedlich lagen sie jetzt neben einander, die sich am vorigen Tage noch so heftig befehdet hatten. Der Tod löscht jede Feindschaft aus. Wir waren mitten in unserer traurigen Beschäftigung, als wir plötzlich Befehl erhielten, sofort einzurücken. Ein letztes Gebet für die Gefallenen, dann kehrten wir zu unserm Regimente zurück, das soeben den Befehl erhalten hatte, den Feind wieder anzugreifen. Mancher von denen, die am Morgen noch ihren Kameraden den letzten Dienst erwiesen hatten, lag am Abend selbst still und kalt am Felde — tot! Soldatenschicksal!

Wie 110 Franzosen von zwei Bayern gefangen genommen wurden

Zwei bayrische Feldgendarmen, der Sergeant Maurer und der Unteroffizier Schießel, haben jüngst 110 Franzosen mit einem Offizier gefangen genommen. Auf einem Patrouillenritte hatten sie auf einem Gute im Saartale Franzosen gesehen, nach ihrer Annahme nicht mehr als zehn Mann. Maurer gab, wie er selbst erzählt, aus seiner Pistole fünf Schüsse ab. Sein Kamerad machte ein Zeichen, als ob noch mehr Bayern folgten. So ritten beide in Galopp gegen den Hof. Etwa 25 Mann sprangen ihnen mit dem Gewehr entgegen. Durch das energische Auftreten der beiden wurden die Franzosen so erschreckt, daß der Offizier und die Soldaten die Gewehre wegwarfen. Bei der Untersuchung des Hofes fanden die beiden 110 Mann versteckt. Der Degen des Offiziers wurde dem Sergeanten von dem kommandierenden General des 1. Armeekorps, von Xylander, als Andenken überreicht. Beide erhielten das Eiserne Kreuz.

Die leere Stelle

Die leere Stelle spielt in den Zeitungen seit dem Ausbruch des Krieges eine große Rolle und zeigt das emsige Walten der militärischen Zensur. Sie ist aber einmal geschickt zu geschäftlichen Zwecken benützt worden. Der Gründer des "Figaro", Villemessant, so erzählt der "Seccolo 19", ließ eines Tages in seinem Blatt eine leere Stelle erscheinen, unter der zu lesen stand, daß der Absatz so heikel wäre, daß er ihn nicht offen zu drucken gewagt hätte. Die Neugierigen, die ihn aber durchaus lesen wollen, brauchten nur mit einem ganz heißen Plätteisen darüber zu fahren, dann würden die mit besonderer Schwärze gedruckten Worte erscheinen. Man kann sich denken, was nun erfolgte: Tausende von Personen bewaffneten sich mit einem Plätteisen und arbeiteten aus Leibeskräften auf das Papier los; die Buchstaben erschienen nicht, aber das Papier ging bald in Stücke. Da es beim ersten Exemplar nicht gelungen war, mußten sie ein zweites kaufen, und dann noch ein drittes, bis sie schließlich merkten, daß sie dem tüchtigen Verleger auf dem Leim gegangen waren, der seine drei Auflagen glatt verkauft hatte und nun bekannte, daß an der Stelle gar nichts gestanden hätte.


Au
au, bregenzerwald, bregenz, mittagsfluh

Cafe Beck
reutte, cafe beck, untermarkt

FC Heiterwang 1986
fc heiterwang, fußballmannschaft, heiterwang


...vielleicht auch interessant:

Alamannen (Dokumentation)
Bibliothek (Extra)
Der Kampf um das Familienbad in Holzgau (Schnippsel)


Top-Themen
sterbebild, button
Sterbebild-Sammlung

Es befinden sich aktuell 6662 Einträge in der Sammlung