Man bezeichnet sie als
Alpe (alamannisch) oder auch als
Alm (bayerisch), beides ist gültig im Sprachgrenzraum des Außerferns. Denn auch die Urform der ersten Ansiedlungen, in allen Teilen des Außerferns, wurden als Alpen bzw. Almen genutzt.
"...die Hütten, auch Taje genannt, sind rohe Blockhäuser, selten mit einem Unterbau aus trockenem Mauerwerk, noch seltener mit einem Stockwerke. Mit Moos werden die Ritzen und Fugen verstopft, womit es aber der Aelpler nicht so genau nimmt; oft finden sich des Morgens hohe Schneestreifen in der Hütte, die ein nächtliches Gestöber durch die Fugen hineinwehte. Auf den Hochalmen sind die Hütten oft nur aus übereinander gelegten Steinblöcken ausgeführt, mit einem Bretterdache, welches gegen die Wuth der Stürme durch große Steine beschwert ist. Gewöhnlich hat die Hütte zwei Abtheilungen, deren vordere offen bis zum Dache reicht. Hier steht ein großer viereckiger Herd, der zugleich als Ofen, Tisch und Bank dient, so wie der Raum selbst als Küche, Wohn- und Schlafstätte... "
Tirol und die Tiroler. Ein Handbuch für Freunde dieses Landes und ein Wegweiser für Reisende; Schmidl Adolph (1837)
"...wirbeln aus den dunkeln Tannenbüschen Rauchsäulen in die blauen Lüfte von den Feuern auf, an denen die Hirten sich in dieser kältern Jahreszeit wärmen, und ihre Kartoffeln braten [...] wir sind außerhalb des Bereiches stabiler Wohnungen, die das ganze Jahr hindurch Menschen beherbergen...
...am Wege liegen große Steinhaufen, welche die Hand besorgter Hirten zusammengelesen hat, damit das Vieh mehr Nahrung finde. Die Gränzen der einzelnen Alpmarkungen sind umgefriedet durch langgestreckte Steindämme..."
Aus: Augsburger Postzeitung vom 27. Apr. 1844
Alpwirtschaft und Besiedelungswelle (die Alamannen)
Zuvor oft als Sömmerungsgebiet in Verwendung, kamen bald die ersten
alamannischen Dauersiedler mit ihrem spärlichen Hausrat über die Jöcher und im östlichen Teil durch die Täler und führten sogenannte Markgenossenschaften ein (Alamannen) oder erbauten sogenannte
Schwaighöfe (bajuwarisch; mhdt.
sweige, was soviel bedeutet wie Viehhof, Sennerei oder Herde) an den zumeist sonnseitigen Berghängen oder in den klimatisch begünstigten Tallagen der rechtsseitigen Seitentäler des Lechtals und des Ehrwalder Beckens. Möglicherweise führte eine Wärmeperiode am Übergang vom Früh- in das Hochmittelalter zu vermehrter Siedlungstätigkeit in zuvor weniger ertragreiche Höhenlagen. Die gestiegenen Temperaturen hätten eine landwirtschaftliche Expansion mit sich gebracht und, wie von wissenschaftlicher Seite angenommen wird, in Folge auch zu einem merklichen Anstieg der Bevölkerung geführt.
Die Menschen wichen also sehr wahrscheinlich in die zuvor als Alpungsgebiete genutzten Weidegründe aus und konnten während der Warmzeit sich und ihre Familien in gewissem Maße von den Erträgen des Bodens, vorrangig aber von der Viehwirtschaft ernähren. So erreichten die ersten Siedler des Lechtals ihre Siedlungsräume über die höchsten Jöcher hinweg:
Gruppe | Gebiet | Übergang |
---|
alamannisch | oberes Lechtal | Mä(h)delejoch (von Oberstdorf) |
Hinterhornbach | Hornbachjoch (von Oberstdorf) |
Tannheimer Tal (bis Haldensee) | Oberjoch (von Sonthofen, Burgberg) |
bayerisch
teilweise (räto)romanische Einflüsse | Berwang | Tarrenton/Schweinsteinjoch (vom Gurgltal) |
Namlos | Hahntennjoch (vom Inntal und von Imst aus) |
Bschlabs/Pfafflar | Hahntennjoch (vom Inntal und von Imst aus) |
Gramais | Hahntennjoch über Pfafflar/Boden und Sattele (vom Inntal und von Imst aus) |
Madau | Großbergjoch und Alperschonjoch (vom Stanzertal) |
Kaisers | Almajurjoch (vom Stanzertal) |
Alamannen
Die in das Gebiet des Allgäus und des Außerferns strömenden
Alamannen richteten ihre Dörfer oder Einzelhöfe zunächst als Markgenossenschaften aus. Das waren Siedlungsverbände mit gemeinsamer Wirtschafts- und Gerichtsordnung. Weideflächen, Bäche und Wald wurden als gemeinsamer Besitz aller Mitglieder betrachtet.
Auf einem jährlich stattfindenden Gerichtstag versammelten sich die mit dem Amt betrauten Abgesandten der einzelnen Orte und sprachen an solch einem Niedergericht Recht. Erst im Hochmittelalter kam man von dieser Sitte ab und die Niedergerichte wurden durch die Gerichtsstätten der jeweiligen Landesherren oder auch die Einsetzung eines Vogtes ersetzt. Damit bildete sich ein grundherrliches Abhängigkeits- und Schutzverhältnis aus.
Rätoromanen (Räter) und Bayern
Speziell das Ansässigwerden der bayerischen Siedler in einem vormals wohl von einer rätoromanisch geprägten Gruppe genutzten Gebiet, hat ihren ganz speziellen "Abdruck" etwa in der Bergwelt der Lechtaler Alpen hinterlassen. Die romanische Alpenbevölkerung war auf die Almwirtschaft spezialisiert und brachte das nötige "Know-How" quasi im Gepäck mit um in solch abgeschiedenen Gebirgsregionen leben, ja überleben zu können. Noch heute geben Ortsnamen, welche auf die letzte Silbe betont werden, einen Hinweis auf die (räto)romanische Besiedelung: Bschlabs, Pfafflar, Gramais, Almajur, Alperschon.
Selbst die Vorfahren der Rätoromanen, die Räter selbst hatten in diesem Gebirgszug schon ihre Spuren hinterlassen, wie eine an der
Parzinnspitze aufgefundene Votivfigur aus dem 5. Jahrhundert vor Christus beweist. Allerdings dürfte dieser Fund wohl kaum mit einer Siedlungstätigkeit in dieser Zeit in Verbindung stehen. Wohl aber ein Hinweis dafür sein, dass diese Jöcher schon seit Jahrhunderten als Übergänge - etwa für eine mögliche
Transhumanz - dienten.
Walser
Die wesentlich später auftretenden Walser hingegen ließen sich an den Randgebieten des Außerferns nieder. Etwa am Tannberg oder den heutigen Steeger Fraktionen Lechleiten und Gehren. Auch von ihnen ist bekannt, dass sie dem kargen Boden in einer rauen Gebirgslandschaft soviel Ertrag abzutrotzen in der Lage waren um davon auch Leben zu können.
Um in den neu erschlossenen Gebieten Fuß zu fassen, mussten alle Bauern jener Zeit aber tatsächlich sämtliche zur Verfügung stehende Flächen bewirtschaften, das Vieh über den Sommer auf die Hochweiden treiben und die steilen Wiesenflanken in den Gipfelregionen mähen.
Ludwig Steub berichtet davon in seinem Buch
3 Sommer in Tirol
...er erklimmt mit seinen Fußeisen die höchsten Spitzen der Berge und bleibt Tag und Nacht auf seinen Mähdern das Futter zu sammeln, das ihm während dieser Zeit auch als erwärmende Liegerstätte dient. Dabei nährt er sich mit einem Brei von Ziegenmilch oder noch einfacher mit Käse und Brod, und trinkt frisches Bergwasser dazu...
Auch Joseph Rohrer schildert das Schaffen eines Bergheuers in seinem Werk -
Uiber die Tiroler von 1796
...klettert mit drückenden Fußeisen umgeben über die furchtbarsten Gaiswege bis auf die höchsten Gebirge, von denen ihm ein schmaler grüner Teppich in das Auge fällt. Nachdem er die wenigen Pfunde Wildheu vom beschornen Gipfel herabgeworfen, muß er erst Pfähle in den Boden einschlagen, und um der augenscheinlichen Lebensgefahr auszuweichen, sich mittels eines um dieselben gewundenen Strickes in die beynahe senkrechte Tiefe hinablassen...
Es war also notwendig, für die Zeit der Hut auf den Bergweiden und zur Unterbringung des Bergheus, Behausungen und Städel in den Höhenlagen zu errichten. Was zuvor als Alpe genutzt, wurde zur Siedlung und die Hochlagen wiederum zu Almen und Bergmähdern erweitert.
Alpmilchwirtschaft
Für den alamannisch geprägten Raum beschreibt Ludwig Baumann die Situation vor dem 19. Jahrhundert folgendermaßen:
"...wurde das Milchvieh von den Genossen in eigenen Hütten, die im 'Hüttendorf' beisammen standen, nicht etwa in einer großen gemeinsamen Hütte untergebracht; die Kälber, Kalbeln, Pferde und Schafe aber blieben auf den Alpen den ganzen Sommer über ohne Obdach..."
Heute findet man diese Art der Gruppierung von Hütten so gut wie nicht mehr. Noch um etwa 1920 standen aber beispielsweise im Bereich der heutigen Gehrenalpe noch mindestens vier Hütten.
Die Bauern gingen jeweils morgens und abends zu ihrer Hütte um die Kühe zu melken. Tagsüber weideten die Tiere dann am Hüttenhof oder im Nahbereich der Hütte. Die Milch transportierte man zu Tal - Saumtiere, auf Karren, vereinzelt sind sogar Deicheln genannt worden (Quellen dazu fehlen mir bislang aber noch!). Am Hof im Tal verarbeitete man die Milch schließlich zu Butter, Zieger (Topfen) und sehr viel Magerkäse. Die Kunst Fettkäse zuzubereiten, wie wir sie heute kennen, verbreitete sich in unserem Gebiet erst nach dem Übertritt in das 19. Jahrhundert.
In einem Zeitungsartikel von 1867 wird von den Alpen bei Kaisers berichtet:
"Letzte Woche fand in den hiesigen Alpen, welche sämmtlich Eigenthum von Gemeinden aus dem Gerichte Landeck sind, die Theilung des bisherigen Alpensegens statt. [...] ...In der Alpe Boden traf es auf die Schlutte Milch 16 Pfd. Butter, in der Alpe Kaiser 14 Pfd., in der Alpe Erlen 17 Pfd., in den beiden Alpen auf dem Aberg 14 und 15½ Pfd. Die Alpe Kaiser und die eine Alpe des Abergs erhielten somit 'die Geige'. Diese unliebsame Auszeichnung erhält nämlich jene Alpe, welche am wenigsten auszutheilen hat, und den Viehbesitzern solcher Alpen wird dann auf ihre Häuser eine Geige hinaufgezeichnet..."
Jöcher verbinden und Schluchten trennen
Dass der Eindruck einer unwirtlichen Landschaft am eigentlichen Eingang in das Untere Lechtal selbst noch vor beinahe zwei Jahrhunderten vorherrschte, skizziert der 1831 in Holzgau geborene Volkskundler
Christian Schneller so:
"...der Eingang in das Lechthal von Weissenbach hinauf ist fast abschreckend. Eine Meile weit ist der Thalboden zwischen den düster bewaldeten rauhen Bergen fast nur eine wüste Sand- und Geröllfläche. Da finden wir zuerst, eine Wegstunde ober Weissenbach, am rechten Lechufer das kleine Dorf Forchach und eine Stunde weiter das Dorf Stanzach am rechten und Vorderhornbach am linken Lechufer.
Säumerzug am Weg über das Joch
Im Hintergrunde enger Seitenthäler liegen dort Namlos mit Kelmen, hier Hinterhornbach. Das Thal fängt an freundlicher zu werden; dem eingeengten Lechflusse ist jetzt nirgends mehr ein allzu weiter Spielraum für seine Sandflächen und Weidenauen geboten. Eine Stunde ober Stanzach betreten wir das eng zusammengebaute Dorf Elmen, ober welchem sich ein Seitenthal öffnet, in welchem die Dörfchen Bschlabs, Boden und Pfafflar liegen. Dann folgt an beiden Ufern das Dorf Häselgehr, bei welchem in einem engen Seitenthale nach Süden hin das Dörflein Gramais liegt.
Das Thal sieht nun schon so freundlich aus, dass der Wanderer nicht mehr bereut, es betreten zu haben. Er hatte geglaubt, da oben nur mehr armselige Alpendörfer mit hölzernen Hütten und vom Viehe ausgetretenen unsaubern Wegen zu finden, und sieht nun Dörfer mit stattlichen Häusern..."
So bestätigt sich auch hier die Annahme, dass in früheren Zeiten die Jöcher als erste Verbindungen zu neuen Siedlungsplätzen wahrgenommen wurden. Wogegen Schluchten ein besiedelungstechnisches Hemmnis darstellten.
Käseerzeugung
Vilser Alm - Sennküche (1957)
Gerade am Ende des 19. Jahrhunderts erfuhr die Käseherstellung im Allgäu, als auch im angrenzenden Tiroler Außerfern, eine Blütezeit. Viele der alten Sennhütten wurden neu erbaut bzw. dem damaligen Standard des Sennereiwesens angepasst. Die Erzeugung von Käse stellte einen enorm wichtigen wirtschaftlichen Faktor für die betreibenden Gemeinden dar und in den Kesseln der mit bis zu 100 Milchkühen bestossenen Alpen entstanden dabei meist Fett- oder Schweizerkäse.
Ein Auszug aus der Zeitschrift des deutschen und österreichischen Alpenvereins gibt einen kurzen Einblick in das Innere einer Allgäuer Alphütte:
"...in kurzer Zeit erreichten wir bei beginnendem Regen die Laufbichler Sennhütte, in welcher eben mehrere Hirten und Melker in urwüchsigem Costüm beim Morgencafe sassen, während zwei Sennen beschäftigt waren, einen grossen Käslaib in sehr praktischer Weise mit Stricken auf einen kleinen Schlitten zu befestigen, um denselben bequem in die Keller der am Fusse des Berges gelegenen zweiten Sennhütte schaffen zu können. Die Laufbichleralpe gehört zu den schönsten Alpen Algäus. Ueber 100 Kühe haben auf den fruchtbaren Geländen hinreichend Weide und an manchen Tagen werden 11—1200 Mass Milch verkäst und Rundkäse bis zu 1,5 Zentner Gewicht geliefert. Die Kühe, von denen einige im Hochsommer des Jahres 1869 gegen 18 Mass Milch täglich gegeben haben sollen, die Käsekeller mit ihrem Vorrath und die grossartigen Einrichtungen zur Käserei werden jeden Laien in der Landwirthschaft interessiren.
Das Innere der Hütte bot ein lebensvolles Bild und würde manchem Maler Stoff gegeben haben. Der mittlere Theil der Hütte, an welchem sich unmittelbar der geräumige Stall anschliesst, dient vorzugsweise als Wohnstube und ist durch eine kleine Backsteinmauer von einem offnen Raume getrennt, in dem der riesige, 600 Mass Milch fassende Käskessel an einem massiven berussten Krahnen über Feuer hängt. Dieser Abtheilung der Hütte schliessen sich Heulager und ein Verschlag an, in welchem einige einfache Schlafstätten aufgeschlagen sind. In bunter malerischer Unordnung hiengen an den Wänden Käsereife, verschiedene Geräthe und Kleider, während Bergschuhe, Aexte u. dgl. in den Ecken der Räume umherlagen. Vor der offenen Thüre der Stube lief ein schwarzer Pudel in Gesellschaft zweier Schweine umher..."
Zeitschrift des deutschen und österreichischen Alpenvereins; Der Daumen im Algäu von Anton Waltenberger (1869)
Alpen und Almen in Sagen
...Da und dort in den Allgäuer Bergen wissen die Sennen zu erzählen, wie an Tagen, wo es in der Luft "brämselet", die Geisterscharen um die Hütten schleichen...
Welchen ursprünglichen Kern mögen
diese Sagen über Geister - oder häufig auch dem Teufel selbst - auf Alphütten gehabt haben?