Chronik
für das Jahr 1875
id635Das
Waltenbergerhaus wird im Gebiet von Oberstdorf in den Allgäuer Alpen errichtet
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Bei Reutte wird die aus einfachen Deicheln (Rohrleitungen aus Holz) bestehende Wasserleitung durch eine 100 mm starke Eisenrohrleitung ersetzt
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Ein strenger Winter dezimiert die Wildbestände. So wird berichtet, dass man dutzende verhungerter Gämsen gefunden hat, welche durch die enormen Schneemassen hindurch nicht mehr an das Futter gelangten. Auch Hirsche seien selbst in Gunstlagen - also in den Talniederungen - verendet
id636Am 23. Juli wird zwischen Ehrwald und Biberwier der
Handelsmann Franz Anton Leckner Opfer eines Raubmordes. Offenbar war Leckner mit mehreren Tausend Gulden in der Tasche auf der Heimreise, wo er jedoch nie ankam. Anderntags entdeckte man seine Leiche. Er war mit einem Schlag auf den Kopf und einem Messerstich getötet worden.
Schon wenige Tage nach der Tat wird ein Bauer aus Biberwier verhaftet, der im Verdacht steht das Verbrechen begangen zu haben. Dennoch lässt sich die Tat nicht aufklären, woraufhin der Verdächtige wieder auf freien Fuß gesetzt wird (->
1888)
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Neues Fremden-Blatt vom 19. August 1875
(Durch eine Heiligenstatue getödtet.) Der „Nürnb. Korr." erhält über den Transport der Kreuzigungsgruppe von München nach Oberammergau aus Oberammergau einen Bericht, dem wir folgende Mittheilungen über die bekannte Katastrophe, die sich bei dieser Gelegenheit ereignete, entnehmen: Am Samstag Abends waren die auf drei Wagen in Gerüstbalken verpackten Figuren der Maria, des Johannes und der Sockelstücke am Fuße des Berges von Weilheim her angelangt und erwarteten die Auffahrt für den Sonntag Morgen. Die Führung dieses Transportes leitete Steinmetzmeister Hauser von München. Die vierzig Zentner schwere Figur des Johannes war auf dem dritten und letzten Wagen verpackt; dieser folgte, von 32 Pferden gezogen und mit Eisenketten gehalten, den beiden vorangegangenen nach. Man hatte zwar den Meister Hauser noch am Fuße des Berges gewarnt, bei der bereits sichtbaren Ermüdung der Pferde die Auffahrt der Johannisfigur so rasch zu wagen, doch wies derselbe alle Bedenken mit den Worten zurück: „Es muß gehen!" Die auf's Aeußerste angestrengten Pferde schleppten denn auch die Last bis zur Hälfte des Berges, die sogenannte Höhlenwand, hinan, mußten aber hier rasten. Als kurz nach 9 Uhr der Transport sich abermals in Bewegung setzte, wurde das unter das vordere linke Wagenrad gelegte Unterlegstück, ein Walzprügel, hinwegzunehmen vergessen, so daß das hintere linke Rad auf diesen auffuhr, hiedurch den Wagen in's Schwanken und die Johannesfigur in's Rollen brachte. Letztere stürzte über den Wagen nach rückwärts herab; der wegen der Enge des schluchtartigen Weges hart am Rücktheile des Wagens daneben gehende Hauser wurde in das Bekleidungsgerüst des Johannes derart eingeklemmt, daß ihm, während er mit dem Kopfe aus dem Balken hervorragte, die Brust zersprengt wurde. In dieser Stellung erfolgte sein augenblicklicher Tod. Einen neben ihm gehenden aus Reutte in Tirol gebürtigen Arbeiter streifte das niederstürzende Gebälke so schwer auf der rechten Seite, daß es ihm den unteren Theil des Unterleibes sammt dem rechten Oberschenkel zu Brei zerquetschte. Die Verwirrung, welche dieses Unglück hervorrief, war eine sehr große. Es dauerte ziemlich lange, bis man den schwer verletzten Arbeiter, der vor Schmerzen entsetzlich schrie, anzufassen wagte und in das Schloß nach Ettal hinauftrug, wo man ihn in einem Zimmer unterbrachte. Der sofort erschienene Bezirksarzt vermochte nicht mehr zu helfen; der Unglückliche starb nach gräßlichen Qualen bei voller Besinnung gegen 6 Uhr
Abends. Inzwischen hatte sich in Oberammergau bereits die Kunde von diesem Vorfalle verbreitet. Hunderte von Zuschauern verließen sofort die eben stattfindende Passionsvorstellung und eilten an die Unglücksstätte. Die Johannesfigur liegt noch an der unheilvollen Stätte, den Weg versperrend; geschützt durch die ausgezeichnet konstruirte Bekleidung hat die Statue selbst keinen besonderen Schaden durch den Sturz vom Wagen genommen. An die Verbringung der Johannesfigur auf einen Wagen ist an der schmalen Stelle, wo sie liegt, nicht mehr zu denken; es erübrigt nur, sie mittelst Walzen den Berg hinaufzuschaffen, eine Arbeit, an welche man nächster Tage gehen will.
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Anselm Klotz aus Stockach bezwingt als erster die Parseierspitze von der Lechtaler Seite aus