erste urkundliche Erwähnung: 1434 (Nesselwänglin)
Fläche: 23,02km²
Höhe: 1136m
Ortsteile: Rauth, Haller, Schmitte
See: Haldensee
der Ort Nesselwängle mit der Schneid und der bewaldeten Erhebung der Dietzl - rechts davon das Tiefjoch; (Aufnahme von 2003)
erste Siedler
Die ersten Siedler kamen wohl über die Lechaschauer Alpe und dem Tiefjoch in das Gebiet von Nesselwängle um sich auf dem Schuttkegel des Gröben- und Stadelbaches niederzulassen. Durch gezielte Neuansiedlungen wollte Tirol seine Präsenz gegenüber den Grafen von Montfort im Tal stärken.
Kirchengeschichte
Bereits im 15. Jahrhundert wird von einem Kirchenbau zu Unserer Lieben Frau oberhalb des Standortes des heutigen Gotteshauses berichtet. 1504 wird Nesselwängle zur Kaplanei erhoben. 1632 erfährt die Kirche eine Renovierung, wird jedoch 1722 von einer Lawine vollständig zerstört. In den Jahren 1728 bis 1732 erfolgte dann ein Neubau an heutiger Stelle, um eine weitere Beschädigung durch Lawinen zu vermeiden. Die neue Kirche wird "Unserer Lieben Frau Maria Himmelfahrt" geweiht. 1882 wird diese Kirche dann aber ein Raub der Flammen, konnte jedoch bis 1885 wieder hergestellt werden. 1891 wird Nesselwängle schließlich in den Rang einer eigenständigen Pfarre gestellt.
die Salztransporte
Ab 1550 begann der Aufstieg von Nesselwängle zu einem bedeutenden Niederlagsort entlang der
Salzstraße. So wurde im Ort ein dreistöckiger Salzstadel errichtet, die hiesigen Rodfuhrleute stellten bis zu 80 Pferde für die schwierigen Vorspanndienste.
Der Weiler Haller am Haldensee entstand durch die Ansiedlung eines Hans Haller von Reutte, einem Funktionär des blühenden Salzhandels bzw. der Salzfuhren durch das Tal. Bis vor wenigen Jahren erinnerte noch ein Fresko an der Außenwand des Hotel Alpenhof an den Gründer des Ortes am See. Trotz des Denkmalschutzes wurde dieses Kulturgut jedoch bei Bauarbeiten zerstört.
der Dreißigjährige Krieg
Neben den Abscheulichkeiten und der Grausamkeit des Krieges, waren es auch zahlreiche Pestopfer, welche im ersten Viertel des 17. Jahrhunderts Gruben
die Stegmühle - Alpenvereinszeitung 1898
Hotel Alpenhof - © Foto: Sammlung Risch-Lau, Vorarlberger Landesbibliothek
an der rechten Seitenwand war noch bis vor wenigen Jahren ein Fresko mit dem Gründer des Ortes Haller zu sehen
und Gräber außerhalb der Siedlungen mit Toten füllten. Als wäre diese Bürde noch nicht groß genug gewesen, folgte der ersten Sterbewelle bald eine weitere. Wer dem Tod in den Jahren des Krieges und der Zeit der Pest davongekommen war, dem drohte nun der Hungertod. Von 1621 bis 23 kam es zu einem katastrophalen Nahrungsmangel, welcher die Reihen der Überlebenden noch einmal ausdünnte. Der Überlieferung zufolge verkauften die Nesselwängler ihre herrlichsten Bergmähder an der Gaichtspitz für zwei Sack Musmehl an die Weißenbacher.
1635 gab es die nächsten Anzeichen der Pest. Kaiserliche Soldaten hatten sie in das Allgäu eingeschleppt und - diesmal wurden gar ganze Familien und Sippen ausgelöscht. In manchen Orten wurde die Hälfte der Bewohner dahingerafft, in anderen gar noch mehr. In Pfronten beispielsweise gab es keinen Ehebund mehr, von welchem nicht mindestens einer der Ehepartner an den Folgen der Seuche verstarb. Die meisten Pestkapellen stammen aus dieser Zeit.
Muren
Überschattet wurde die Geschichte des Ortes immer wieder von verheerenden Murenabgängen aus den mergeligen Hängen unterhalb der Roten Flüh und der Köllenspitze. Etwa 1814, am 25. Juli 1834 oder am 24. August 1846 wurde der ganze Ort durch diese Naturgewalt bedroht und insgesamt 74 Häuser beschädigt.
Weitere, wenn auch weniger schadenbringende Murenabgänge gab es: 1876, 1898, 1901, 1967, 1975 und 1982.
Tirol und Vorarlberg, Johann Jakob Staffler (1841)
"...im Norden und Osten und der Grünspitze im Westen überragt, verdüstert und verkümmert, indem die lockern Nord- und Westgebirge bei Schlagregen und Hochgewittern dem Dorfe sehr gefährlich sind..."
aus "Die Allgäuer Alpen - Land und Leute" von Max Förderreuther (1908)
"...fallen die hohen Muhrwälle auf, die in der nächsten Umgebung von Nesselwängle jeden vom Berge niederziehenden Wassergraben einschließen. Tatsächlich ist die ganze Talsohle aufgemuhrter Grund. Und was wir aus der Betrachtung der Gegend entnehmen, wird uns durch die Ortsgeschichte bestätigt. Allein im 19. Jahrhundert erfolgten drei schwere Wasserkatastrophen. Am 25. Juli 1834 brachen in der Alpe Gimpel 33 Riepen (so nennt man dort die Muhrgänge), und die Bäche führten solche Mengen Gerölle, dass das ganze Dorf verschüttet worden wäre, wenn nicht die Regengüsse nach kurzer Zeit nachgelassen hätten. Am 23. Und 24. August desselben Jahres wurden abermals die Wiesen, Wälder und Weiden schrecklich vermuhrt...
...ähnlich erging es am 11. Juli 1849. Ergreifend lesen sich die schlichten Worte, mit denen ein Nesselwängler diese Begebenheit schildert. „Von nachmittags 4 bis 6 Uhr löste ein Gewitter das andere ab, und schon beim ersten traten alle Wildbäche aus ihren Rinnen. Stehende Bäumen kamen auf 50 Meter ans nächste Haus. Es war unmöglich, auch nur ein Stück Vieh ins Dorf zu bringen. Es war furchtbar!...
Wie schon bei den Verwüstungen zuvor empfahlen Regierungsbeamte die Auswanderung aus dem Dorf. Aber niemand wollte sein Haus verlassen..."
Bergsturz
Kapelle der hl. Dreifaltigkeit in Rauth
1850 ereignete sich südlich des Schartschrofens ein massiver Bergsturz, welcher große Waldflächen unter sich begrub und einen heute noch erkennbaren Wust aus überwachsenen Blöcken - die Sulz genannt - hinterlassen hat.
Brandkatastrophen
Mindestens drei Großfeuer zerstörten große Teile der Gemeinde. Am 10. Oktober 1863 wurden insgesamt 42 Häuser von den Flammen vernichtet, am 18. März 1882 brannten 14 Häuser und das Gotteshaus lichterloh.
Die angestellten Nachforschungen ergaben Brandstiftung als Ursache für das Feuer. Eine Brandstifterin hatte aus Eifersucht den Brand gelegt und wurde daraufhin zu 20 Jahren Zuchthaus verurteilt, jedoch nach 11 Jahren begnadigt.
Der Weiler Rauth brannte um 1780 vollständig nieder, da beim Selchen (Räuchern) von Hirschfleisch ein Feuer ausgebrochen war.
Kalköfen
Die Kalköfen im Gemeindegebiet von Nesselwängle befanden sich einst am Südhang unterhalb der Roten Flüh, in der sogenannten Flur "Neuschwand". Ein weiterer stand westlich von Rauth am Eingang in das Birkental.
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