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Der Drachensee
Zur Zeit, als der
heilige Magnus bei Füssen das Evangelium predigte, war die Gegend noch wenig bewohnt und bebaut. Der heilige Mann lehrte die rohen Einwohner das Christentum und den Ackerbau. Er entdeckte auch in den dortigen Bergen Gold und Silber und sagte dies den armen Leuten und hieß sie danach graben. Da wurden die früher armen Bewohner in Kurzem steinreiche Leute. Mit dem Reichtum aber wurden sie bald übermütig und hartherzig. Da kam einmal an einem stürmischen, kalten Winterabend ein alter eisgrauer Mann in ein solches reiches Dorf und bat um Nachtherberge. Doch umsonst, fluchend warfen ihn die Knechte aus dem Haus und schlugen ihm die Türe hinter der Ferse zu. Da fluchte der Greis, ging fort und kam vor Kälte um. Sein Fluch ging haarklein in Erfüllung. Ein Erdbeben verschüttete die Goldgruben, die Häuser versanken und an ihrer Stelle bildete sich der Drachensee. Nur einmal im Jahr kommen sie noch an die Oberfläche, aber ein Drache hält den einzigen Eingang zu denselben besetzt. In der heiligen Nacht läutet es in der versunkenen Kapelle, und wenn einer Lust hat, kann er auch sehen, wie die einstigen Bewohner zur Kirche ziehen. Aber wehe ihm, wenn er gesehen würde.
Mythen und Sagen Tirols - Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg (1850)