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Der Kathreine-Dinzeltag in Imst und die Salzstraße (1915)
Aus: Allgemeiner Tiroler Anzeiger vom 26. November 1915
Aus Imst wird uns unter dem 25. ds. geschrieben: In alter Zeit, als das Haller Salz per Achse in großen Mengen über den Arlberg hinaus in die Schweiz, über den Fern- und den Gachtpaß durchs Tannheimertal nach Sonthofen und den süddeutschen Handelsplatz Augsburg geliefert wurde, gab es in Hall, Innsbruck, Zirl, Flaurling, Telfs, Mötz, Imst, Nassereith und Landeck große Salzdepots. Etappenlager, von denen aus das Salz durch eigene Fuhrleute weitergeführt wurde.
Dieses Salzfahren war ein ertragreiches Geschäft, denn die Haller Saline zahlte zum Beispiel für die Beförderung des auf sogenannten Kipfwägen in Fässern verführten Salzes, das sie vertragsgemäß in die Schweiz zu liefern hatte, per Faß für die Strecke Imst—Landeck 1 Gulden und 1 Groschen. Infolgedessen war das Salzfahren eine vielbegehrte Arbeit, die, um Streitigkeiten zu vermeiden, von der Imster Marktgemeinde im Turnus unter die Fuhrwerksbesitzer vergeben wurde. Das gegenwärtige Imster Ratshaus war damals in seinem rückwärtigen Teile als Salzdepot eingerichtet und vom sogenannten Eisplatz führte eine mächtige, gewölbte Stadlbrücke in den "Salzstadl", sodaß man mit den Salzfuhren direkt, von der ebenen Erde in das erste Stockwerk desselben einfahren konnte.
Bei der guten Bezahlung, welche die Saline für die Beförderung ihres Salzes leistete, konnte dieselbe natürlich auch fordern, daß diese Beförderung einwandfrei vor sich gehe und so wurde jeder Fuhrmann ganz empfindlich gestraft, der eines oder das andere der ihm anvertrauten Salzfässer in beschädigtem Zustand ablieferte. Schon für einen abgesprengten Reifen mußten 2 Kreuzer "Pön", für eine eingedrückte Faßdaube 1 Groschen und für einen eingedrückten Faßboden noch mehr an Entschädigung gezahlt werden. Nun waren die alten Fuhrleute aber ziemlich bequem, schliefen auf ihren Kipfwägen und wußten sich vor dem Hineinfahren ihrer Deichsel in das vielleicht vor ihnen gehende Salzfuder nur dadurch zu schützen, daß sie ihre Deichsel aus einem krumm nach aufwärts ragenden Holz fertigten, welches sich beim Aufstoßen auf das Fuhrwerk vorn selbständig in die Höhe schob.
Der letzte aktive Salzfuhrmann, den man in Imst kannte, ist der vor einigen Monaten hier verstorbene Sebastian Dönig, vulgo "Liesler Wöscht" gewesen. Die Salzfuhrleute besaßen ihre eigene Bruderschaft und errichteten sich anfangs des vorigen Jahrhunderts einen eigenen Salzstadl, der von jenem der Gemeinde unabhängig war. Derselbe stand neben dem Gasthof "zur Krone". Der Gastwirt "zur Krone", ein Herr v. Plawen, war auch der Gründer der heute als pietätvoll gehütetes Ueberbleibsel bestehenden Fuhrleutegenossenschaft, die im Jahre 1835 ihr Statut erhielt, das gegenwärtig noch in Geltung steht. Daß die Fuhrleutegenossenschaft schon früher existierte, geht daraus hervor, daß das Statuten ein Kapital aufzählt, zu dem schon viel früher der Grundstock gelegt worden sein muß. Dieses Statut bestimmt auch, daß die Fuhrleutebruderschaft alljährlich am Katharinatag in der Imster Pfarrkirche einen feierlichen Gottesdienst mit darauffolgendem Dinzeltag abzuhalten habe. Die heilige Katharina ist bekanntlich zu Tode gerädert worden und deshalb haben die Fuhrleute sie zu ihrer Schutzheiligen erkoren und begehen den Katharinatag als ihren Feiertag.
Heuer wurde der Fuhrleute-Dinzeltag im Gasthof "zum Hirschen" abgehalten. Bei demselben hielt der Bruderschaftsmeister, Herr Alois Walch, Obmann der landwirtschaftlichen Bezirksgenossenschaft Imst, einen interessanten, die Vergangenheit des Salzfuhrleutewesens streifen den Vortrag und ein kleines Mahl beschloß den Erinnerungstag.
bei der Stegmühle nahe Rauth - Foto: Andreas Gehring - die alte Salzstraße dürfte etwas weiter östlich am Hang oben verlaufen sein
