Aus: Illustrirtes Wiener Extrablatt vom 17. Mai 1901
Am 20. Februar d. J. starb in der Ortschaft Biberwier der ledige Bauer Engelbert Pfennig mit Hinterlassung eines eigenhändig geschriebenen Testamentes, worin er sein Haus sammt Einrichtung und außenstehende Kapitalien von circa 9600 Gulden dem Herrn Pfarrer in Ehrwald zum Bau einer neuen Kirche vermachte. Dieses Testament enthält nun den weiteren wörtlichen Passus: "Was sich sonst noch in meinem Nachlaß befindet, es sei Geld oder Geldeswerth, vermache ich dem hochwürdigen Herrn Pfarrer in Biberwier, welcher es in der von mir bestimmten Weise zu verwenden hat, sowie ich es ihm gesagt habe, dieser soll mein Erbe sein."
Es hat sich nun in dem Keller des Verstorbenen vergraben ein weiterer Nachlaß von circa 100.000 fl. vorgefunden. Es ist nicht zu erklären, wie dieser in einfachen Verhältnissen auf seinem Grundbesitz lebende Häusler ein solches Vermögen hätte erwerben können, zumal er, soviel man weiß, auch nie eine Erbschaft gemacht oder ein Geschäft betrieben hatte. Auch die geheimnißvolle Art des Vermächtnisses fordert die Bevölkerung zum Nachdenken auf.
Nun ist noch in aller Gedächtniß, das vor circa 25 Jahren ein Geschäftsmann aus der Nachbarpfarre Ehrwald, von einer Geschäftsreise mit viel Geld zurückkehrend, auf der Straße von Biberwier nach Ehrwald ermordet und beraubt wurde, und fragt man sich unwillkürlich, ob der Besitz obigen Nachlasses nicht mit diesem Mord im Zusammenhang stehen könnte. Auch das Legat zur Erbauung einer Kirche in Ehrwald, wo der Ermordete begraben liegt, deutet auf einen Zusammenhang mit dieser Sache hin.
Die gesetzlichen Erben nach Engelbert Pfennig haben sich entschlossen, wie das "Tiroler Tagblatt" berichtet, dieses Testament, insoweit es das Vermächtniß an den Pfarrer in Biberwier betrifft, anzufechten und sieht man dem Ausgange dieser Rechtssache auch in nichtbetheiligten Kreisen mit Interesse entgegen. Es fragt sich auch, ob nicht auch die Erben des Ermordeten die Sache aufgreifen und auf den Nachlaß Beschlag legen werden.
Biberwier - Foto: Monopol Kunst- und Verlagsanstalt - etwa 1900

Interessanterweise wurde dieses Thema auf diese Art und Weise eigentlich nur von überregionalen Zeitungen aufgegriffen. Die dort auftretenden Aussagen weichen teils auch stark voneinander ab, wie etwa jene im
(Neuigkeits) Welt Blatt vom
21. Mai 1901, wo es heißt:
"...der Testator, welcher in weiten Kreisen bekannt war, betrieb ein schwungvolles Geschäft in Sensen und Wetzsteinen und war auch [...] Besitzer einer Sensenfabrik. Er war ledig, hatte keine nahen Verwandten und stand wegen seiner Rechtlichkeit in hohem Ansehen..."
Zwar wird in diesem Artikel ebenfalls die Summe von 9600 Gulden erwähnt, welche er dem Pfarrer von Ehrwald für den Bau einer neuen Kirche überlassen hat, die vermeintlich vergrabenen 100.000 Gulden, wie auch der 25 Jahre zurückliegende Mord, werden darin aber nicht angesprochen.
Weitere Gazetten, wie etwa das
Deutsche Volksblatt, oder auch der
Wienerwald-Bote scheinen lediglich von dem (Neuigkeits) Welt Blatt abgeschrieben zu haben.
Nachtrag: In den
Innsbrucker Nachrichten vom 26. Feb. 1901 steht noch folgendes:
"Am 20. ds. starb in Biberwier der weitum bekannte, sehr wohlhabende Sensenhändler Engelbert Pfennig."
Ein Zusammenhang mit der Mordtat wird auch hier nicht genannt.