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Naturgefahren und die Viehwirtschaft
Neue Tiroler Stimmen vom 6. Sep. 1873
Aus dem Tannheimerthal, 5. Sept. (Allerlei.)
Schon seit 8 Tagen ist die Gegend von Tannheim in der Richtung gegen Zöblen beinahe ganz unter Wasser, welches Hunderte von Grummet Fuder bedeckt und mit Schlamm überzieht, daher selbst nach dem Ablauf des Wassers fast nichts mehr vom Futter benützt werden kann. Dieser See bildet sich bei jedem stärkeren Regenwetter und bringt den Grundbesitzern begreiflicherweise großen Schaden. Zwischen Tannheim und Zöblen hat sich dermalen ein zweiter und zwischen Zöblen und dem Weiler Katzensteig ein dritter See gebildet, die gleichfalls starken Schaden verursachen. Nun bedenke man aber diesen großen Ausfall an Futter und anderseits die hohen Viehpreise, und man wird sich's erklären, wenn viele Viehbesitzer, und der Hauptgewinn dieses Thales ist eben die Viehwirthschaft – muthlos werden. Das Frühheu war sehr ergiebig, allein das Grummet ist mittelmäßig und dazu haben die Alpen letzthin durchgehends in Folge Hagelschlages sehr gelitten. Nur eine einzige gute Aussicht eröffnet sich uns, indem wir hoffen, das Land werde zur Regulirung der verschiedenen Thalbäche, ohne welche wir von schweren Unglücksfällen nicht befreit werden können, eine ergiebige Unterstützung bewilligen. Wir sind überzeugt, daß die Regulirungspläne, welche der landschäftliche Kultur-Ingenieur über Auftrag des hohen Landesausschusses bereits entworfen hat, den großen Uebelständen abzuhelfen geeignet sind, allein sollten wir dieselben allein, also ohne bedeutende Unterstützung des Landes ausführen, so wäre das gleichbedeutend wie etwas Unmögliches verlangen. Erfolgt die Regulirung aber nicht, so geht das Thal, in dem die Viehwirthschaft sich bedeutend erschwungen hat und noch mehr emporblühen kann, völlig zu Grunde. Obwohl das Vieh im ganzen Bezirke Reutte gesund und seuchenfrei ist, so ist die Grenze von hier nach Baiern doch noch immer gesperrt, was für die Viehverkäufer von nicht geringem Nachtheile ist.
an gesperrte Grenzen
