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Vom Pfafflarer Wegbau (1913)


Aus: Außferner Zeitung vom 15. Feb. 1913
Die Wegbaufrage vor dem Gemeindeausschuß von Pfafflar. Von dort wird uns unterm 3. Februar geschrieben: Die Sitzung des Gemeindeausschusses am Sonntag war wohl eine der wichtigsten, die in der Gemeinde Pfafflar je gehalten worden sind. Auf der Tagesordnung stand: 'Beschlußfassung über das von der landschaftlichen Bauleitung Reutte verfaßte generelle Wegbau-Projekt Elmen—Bschlabs—Boden. Nach Verlesung eines Berichtes des Landesausschusses, der darin gipfelte, daß wohl in Erwägung gezogen werden sollte, ob es nicht möglich wäre, an dem im Jahre 1910 verfaßten Projekt, welches das linksseitige Gstreinbach-Ufer einbezieht, festzuhalten, wodurch es vielleicht doch möglich wäre, daß auch für die Fraktion Bschlabs mittelst einer Drahtseilbrücke ein Zufahrtsweg erbaut werden könnte, was technisch und finanziell von großem Vorteil wäre, zumal schon die Gemeinde Elmen bis nächst des Unsinner Waldes einen Fahrweg erbaut hat und dadurch das k. k. Forstärar daran sehr interessiert erscheint. Gemeindeausschuß Pius Friedl legte dar, daß für dieses Projekt sowohl in Reutte wie in Wien gute Stimmung herrsche und eine Triebfeder gegen das rechtsseitige Projekt bilde, darüber sei er vollends überzeugt. Im übrigen verlies die Sitzung sehr gespannt und die Debatte war eine sehr rege. Der Vorsteher, der darauf bedacht war, nur über die Tagesordnung zu verhandeln, war nicht in der glücklichen Lage, dies durchzusetzen, denn zwei Gemeindeausschußmitglieder der Fraktion Boden, Perl und P. Friedl, waren nicht für Annahme des vorliegenden Projektes zu gewinnen. Nachstehend die Gründe: Gemeindeausschuß Pius Friedl legte die Situation, in der sich die Gemeinde Pfafflar schon 60 Jahre befinde, folgendermaßen dar: Im Juni d. J. werden es 60 Jahre, daß zwischen Boden und Bschlabs eine Kluft geschaffen worden ist, die jeden Fortschritt in der Gemeinde verhindert und ein gemeinsames Arbeiten unmöglich macht und zu einem solchen Unternehmen, das über 100.000 Kronen kostet, sei unbedingte Voraussetzung, daß zwischen beiden Fraktionen ein einiges Vorgehen herbeigeführt werde. Solange dies nicht erfolge, sei er nicht in der Lage, als Vertreter der Fraktion Boden das vorliegende Projekt zum Beschlusse zu erheben, obwohl er vollends überzeugt sei, wie gewiß kein zweiter, daß ein Wegbau sehr notwendig sei und daß, falls Staat und Land das Ihrige tun würden, mittelst Amortisierung die Baukosten zwar schwer, aber doch aufgebracht würden und daß er der erste in Pfafflar gewesen sei, der bessere Verkehrsverhältnisse angestrebt habe, was niemand in Abrede stellt. Es wäre und sei auch leicht möglich, einen Modus zu finden, um den wirtschaftlichen Frieden zwischen beiden Fraktionen einzubürgern, wenn auf beiden Seiten guter Wille und gerechte Bescheidenheit emporkommen würde, denn etwas müsse geschehen, wenn die Gemeinde aus dem wirtschaftlichen Sumpfe herausgebracht werden will. Infolge des Unfriedens zwischen beiden Fraktionen dürfte auch das Wegbauunternehmen im Sande verlaufen. Gemeindeausschuß Kathrein glaubte, eine Herbeiführung des wirtschaftlichen Friedens sei in Pfafflar ein Ding der Unmöglichkeit. Vorsteher Krabacher meinte, daß gerade ein einiges Vorgehen in bezug auf den Wegbau der erste Schritt zum Frieden sei und er erteilte auf eine Anfrage des Herrn Friedle betreffs der Generalteilung der Weiden befriedigende Auskunft. Gemeindeausschuß Anselm Perle sprach sich vorläufig gegen jeden Wegbau aus, sowohl gegen das linksseitige wie gegen das rechtsseitige Projekt, mit dem Hinweis darauf, daß zuerst abgewartet werden müsse, ob die Fraktion Boden noch weiterhin existenzfähig bleibe. Vorsteher Krabacher schritt zur Abstimmung, und zwar unter Aufruf des Namens. Das linksseitige Projekt wurde mit über Zweidrittel-Stimmenmehrheit angenommen. Die zweite Abstimmung betraf die Frage, ob die Gemeinde bereit sei, falls Staat und Land 85 Prozent Beitrag zu den Gesamtkosten leisten, die restlichen 15 Prozent Baukosten aufzubringen. Mit ebenfalls über zwei Drittel Stimmenmehrheit wurde dieser Antrag zum Beschlusse erhoben und somit der Wegbau beschlossen. Gemeindeausschuß Pius Friedl gab zum Schlusse die Versicherung ab, daß, falls das Agrarverfahren für Boden halbwegs annehmbar ausfalle, diese Fraktion sich nachträglich dem Beschlusse anschließen werde. Damit schloß die Sitzung. Möge es gelingen, die vorliegenden Differenzen im gütigen Wege beizulegen, um dem Wegbauunternehmen die Bahn zu ebnen.

Aus: Außferner Zeitung vom 1. März 1913
Zur Pfafflarer Wegbaufrage. Aus Pfafflar erhalten wir folgende Zuschrift: In der 'Außferner Zeitung' vom 15. Februar befand sich ein Artikel über die Pfafflarer Wegbaufrage von dem Gemeindeausschuß. Nun muß festgestellt werden, daß der Gemeindeausschuß mit 7 von 9 Stimmen den sonnseitigen Wegbau, d. i. von Elmen über Bschlab nach Boden beschlossen hat und nicht den der entgegengesetzten Seite, wie es im Artikel heißt. Für den Wegbau an der Sonnseite über Bschlab nach Boden ist auch die Mehrheit von Boden, mit dem Gemeinderat und Funktionsvorsteher. Ueber den gemachten Beschluß wurde von den Funktionisten, welche gegen den Wegbau sind, ein Rekurs eingereicht.
Einen Weg am linksseitigen Gstreinbach bauen ist nutzlos, denn dieser Weg bleibt im Winter zu, da die Fraktion Boden nicht imstande ist, den Weg den Winter über offen zu halten. Dieselben sind manchmal froh, wenn sie den Bschlabserweg erreichen, um nach Elmen zu kommen. Man sagt, man solle den Bschlabsern einen Zufahrtsweg oder eine Drahtseilbrücke bauen. Ja, wo denn? Etwa eine halbe Stunde von den ersten Häusern gegen Boden zu? Das wäre Unsinn. Im Artikel heißt es noch weiter, Gemeindeausschuß Kathrein glaube, eine Herbeiführung des wirtschaftlichen Friedens sei ein Ding der Unmöglichkeit. Kathrein hat schon recht, mein lieber Artikelschreiber, besonders wenn die Briefschreibereien nicht aufhören. Herr Friedle ist der Meinung, wenn einmal die Gemeindeweide geteilt sei, gäbe es zwischen den Fraktionen schon einen Frieden. Mag sein, wenn die Fraktion Boden den besten Platz von der Gemeindeweide bekommt. Die Fraktion Bschlabs ist mit ihrem Galtvieh auf die Waldweide angewiesen, wo der Weg nach dem ersten Projekte gebaut werden sollte. Wo aber mit dem Galtvieh hin, ohne Alpe?


am Weg nach Bschlabs mit Blick auf die Hornbachkette - Verlag Franz Milz - ca. 60er Jahre
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