Gesellschaft
Die alamannische Gesellschaftsstruktur gipfelte in einer oder vielleicht auch mehrerer führenden Persönlichkeiten. Gestützt wurde diese Position von bewaffneten Männern der Gefolgschaft, der Kriegerelite. Im Schutz dieses Machtapparates agierten die Handwerker und Bauern und versorgten diesen mit ihren Erzeugnissen. Im Gegenzug erhielten sie nach erfolgreichen Beutezügen einen Teil der Beute oder zogen gar selbst mit auf die Heerzüge. In den meisten Siedlungen standen rund zwei Drittel der männlichen Bevölkerung im Kriegsfall unter Waffen, ihren Erwerb bestritten sie jedoch fast zur Gänze als Bauern, Hofherren und Handwerker.
Das Siedlungsbild scheint sich nach der Stellung und Position der Familien innerhalb des Clans ausgerichtet zu haben. Die Elite bezog leicht abgelegene, erhöht liegende Wohnstätten. Meist lebte die nächste Anverwandtschaft Tür an Tür in kleinen Hofgruppen. Dieses gesellschaftliche Gefüge wurde auch über den Tod hinaus so beibehalten, denn auch die Gräberfelder aus alamannischer Zeit weisen diese Aufteilung nach Stand und Abstammung auf.
Die Frauen scheinen in der alamannischen Gesellschaft weniger Rechte als Männer besessen zu haben. Hin und wieder vermögen aber besonders beigabenreiche Bestattungen von Frauen dennoch auf eine hohe Stellung innerhalb der Sippe hin zu weisen. Abgesehen davon scheint den allermeisten anderen Frauen aber ein Leben in harter Arbeit und ein durch häufige Geburten auszehrender Alltag beschieden gewesen zu sein. Teilweise wird in Fachkreisen sogar die These vertreten, dass die Bewirtschaftung der Felder im Frühmittelalter in erster Linie und vorwiegend die Angelegenheit der Frauen war. Die höchste Sterblichkeit lag bei den Frauen in frühmittelalterlicher Zeit bei etwa 30 Jahren, die durchschnittliche Lebenserwartung bei nicht viel mehr als vierzig Jahren.
Die Männer der militärischen Mittelschicht verdingten sich häufig auch in fremden Gebieten und Heerscharen anderer Stämme und Völker als Söldner.
In ganz Deutschland gibt es gerade einmal etwas mehr als 100 Inschriften aus dem Runenalphabet - dem so genannten 'Futhark'. Allesamt stammen diese aus dem 5. und 6. Jahrhundert, was die Vermutung nahe legt, dass nur wenige Alamannen des Schreibens kundig waren.
Glaube und Kult
Das Heidentum
"...Wuotan - der höchste Gott der Alamannen - ist der Gott des Lebens... / ...Heilig ist ihm darum das Licht, der in den Wolken jagende Sturm, das sturmschnelle Roß, der luftbeherrschsende Adler. Als Lebensgott ist Wuotan der weise, alles leitende, die Guten lohnende, die Bösen strafende Gott, aber auch der des Krieges... / ...Er reitet mit breitem Hute oder mit blitzendem Helme bedeckt, von weitem Mantel umwallt, auf weißem Rosse... / ...Wuotans Tag war...[...]...der Mittwoch...[...]...und bei den Engländern noch Wednesday heißt... / ...Eine heilige Stätte Wuotans war der Auerberg, denn beim Bau der Kirche auf diesem Berge hat der hl. Georg nächtlicher Weile mitgeholfen. Hier schildert die Sage diesen Heiligen auf blendend weißem Rosse reitend, mit Purpur angetan, den silberstrahlenden Helm auf dem Haupte, mit Drachen und Ungetümen kämpfend. Züge, die sämtlich von Wuotan entlehnt sind und beweisen, daß hinter der Gestalt dieses heiligen Ritters eigentlich der alte Heidengott steckt... / ...Wuotans Gemahlin hieß Fria, deren heiliger Tag der nach ihr benannte Freitag war...
...Donar, der über Wolken und Regen gebietende, in Blitz und Donner sich ankündigende Gott, dessen Donnerkeile thurmtief in die Erde fahren... / ...Sein Tag ist der Donnerstag...
...Große Verehrung genoß Ostara, die Göttin des wiederkehrenden Himmellichtes, des Frühlings, also des werdenden Lebens. In ihrer Festzeit gibt man deshalb noch heute die Ostereier, denn auch das Ei ist ein Sinnbild des keimenden Lebens...
...Auch Perahta, die leuchtende, bald begabende, bald schreckende Erdgöttin, die in den heiligen Nächten zwischen Weihnachten und Dreikönigstag alljährlich auf Erden ihren festlichen Umzug hält...
aus: Geschichte des Allgäus - Ludwig Baumann (1881)"
die Göttin Ostara
Johannes Gehrts (1884)
Südgermanische Gottheiten (Südgermanen sind u.a. die Alamannen und Bajuwaren)
- Balder / Baldur - Gott der Güte und auch Sonnengott bzw. Lichtgestalt
- Donar / Thor - der Donnergott - christliche Umdeutung: hl. Petrus ('für das Wetter zuständig') - [Donnerstag]
- Folla / Volla - Schwester der Freyja und Fruchtbarkeitsgöttin bzw. Bringerin des Überflusses
- Freyja / Fria / Frigg - die Frau Wodans / Odins und Göttin der Liebe und der Frauen - [Freitag]
- Hel / Hela - Göttin der Unterwelt und Tochter Lokis (Namensverwandtschaft zum Wort Hölle und das Fortleben in der Sagengestalt Frau Holle)
- Hödr / Hödur - blinder Gott - Bruder Balders
- Jörd - Erdgöttin und Mutter Thors
- Loki - Luftgott - Sohn der Riesen Farbauti und Nal
- Nanna - Frau Balders
- Ostara - Göttin des wiederkehrenden Himmellichts und des Frühlings
- Phol - ?
- Sunna - Sonnengöttin
- Tyr / Ziu - Gott des Mutes, Kampfes und des Sieges, aber auch der Wahrer des Rechts und Schützer der Thingstatt - [Dienstag]
- Viradecdis - keltisch/germanische Göttin
- Wieland - der Schmied
- Woatan / Wodan / Wuotan - germanischer Göttervater (einäugig) - christliche Umdeutung: hl. Michael - [Mittwoch]
Das Pferd besaß bei den Alamannen nicht nur im alltäglichen Leben und im Kampf einen hohen Stellenwert. Schriftliche Überlieferungen und zahlreiche Grabfunde zeugen auch von einer besonderen Bedeutung in religiöser und kultischer Hinsicht. Auf vielen Gräberfeldern aus alamannischer Zeit finden sich bei besonders prunkvoll ausgestatteten Bestattungen sogar enthauptete Pferde als Beigaben für den Verstorbenen in der jenseitigen Welt, was wohl auch mit den überlieferten Pferdeopferungen in Verbindung stehen dürfte. Schlangen versinnbildlichten die Wiedergeburt, da sie ihre Haut abstreiften und nach dieser Handlung weiter wuchsen. Der Adler hingegen hatte den Nimbus von Stärke und Macht und tritt in seiner religiösen Bedeutung in der Präsenz innerhalb vieler frühmittelalterlicher Gräber zutage. Der Eber galt vermutlich als Sinnbild für unerschrockenen Kampfesmut.
Auch bestimmte Kristalle oder Steine wurden mit einer heilenden oder schützenden Kraft in Verbindung gebracht. So finden sich hin und wieder verschiedene Exemplare von ihnen zusammen mit dem Werkzeug an den Gürteln bestatteter Frauen oder eingearbeitet in den Schwertknauf bei den Männern.
Christianisierung
Für den Zeitraum der aufkeimenden Christianisierung scheinen lange Zeit heidnische Götter, als auch der Gott der Christen in Koexistenz bestanden zu haben. So finden sich in den Grablegen mitunter Symbole beider Religionen. Das Vertrauen in den neuen Gott scheint noch recht empfindlich gewesen zu sein und bedurfte einer Stützung durch die althergebrachten Gottheiten.
Alamannische Kultur
Gebäude und Siedlungen
Die ersten Siedler folgten zunächst beinahe ausschließlich den Flussläufen (um dort vor allem an jenen günstigen Stellen zu verbleiben, die für eine Furt - also einen Flussübergang - taugten) und/oder den Heerstraßen aus römischer Zeit. Die Population der ersten Ansiedlungen umfasste dabei nicht viel mehr als 15 bis 25 Personen in 2 oder 3 Höfen. Dabei konnten die frühen Schwaben auf die bereits unter den Römern urbar gemachten Kulturflächen zurückgreifen.
Der frühmittelalterliche Hof der Alamannen in Südwestdeutschland setzte sich zumeist aus einem Haupthaus und mehreren Nebengebäuden (Backhaus, Webhaus, usw.) zusammen. Für die ersten Höfe im Gebiet des Außerferns wird diese Bauweise aber nicht gebräuchlich gewesen sein. Ackerbau gab es wegen des Klimas nur in bescheidenem Umfang, was große Getreidespeicher ausschloss. Die Viehwirtschaft stand maßgeblich im Vordergrund, weshalb das Augenmerk mehr auf einer großzügig ausgebauten Tenne (Heuboden) zur Aufbewahrung des Heus im Obergeschoss und ausreichend Platz für das Vieh in einem direkt an das Wohnhaus angebauten Stall im Erdgeschoss lag.
Ob die ersten Haustypen alamannischer Machart im Außerfern schon über einen steinernen Unterbau (Sockel) verfügten ist nicht überliefert. Die hölzernen Bauelemente können archäologisch in den seltensten Fällen nachgewiesen werden, waren aber zweifellos vorherrschend. Gerade hierzulande war der Baustoff Holz stets in mindestens ausreichendem Maße vorhanden. Die ersten Häuser dürften also als Einzelhöfe errichtet worden sein.
Feldbau, Viehwirtschaft und Ernährung
Schon allein auf Grund der klimatischen Bedingungen konnte der Ackerbau im Außerfern, aber auch dem größten Teil des Allgäus keine allzu große Rolle gespielt haben. Jene Felder, welche die nötigen Voraussetzungen für den Landbau mitbrachten, wurden zunächst mit dem Vesen und Hafer bebaut, früh gab es schon Wassermühlen um das Korn zu malen.
Offenbar pflanzte man auch
Flachs und Hanf für die Herstellung von Kleidungsstücken und Stoffen an. In ertragreicheren Gegenden mag dies sogar zu einem bescheidenen Umfang an Exporten derselben geführt haben. Vornehmlich stand aber die Viehzucht im Vordergrund, welche für den größten Teil der Nahrungsherstellung sorgen musste. Ohne Zweifel waren die ersten Schwaben vorzügliche Viehzüchter, da selbst der Ostgoten-König Theoderich die großgewachsenen Rinder und Stiere aus alamannischer Zucht lobte.
In den Topf wanderte vor allem Schweinefleisch, dann Rind- und auch das Fleisch von Schafen. Bis zum Beginn der Christianisierung stand auch Pferd ganz vorne mit auf dem Speisezettel. Da das Pferd aber auch fast immer bei den kultischen Festmahlen auf dem Programm und damit mit dem Heidentum in Verbindung stand, wurde es unter dem fränkischen Einfluss schließlich verboten.
Ebenfalls von Bedeutung war die Bienenzucht bzw. die Imkerei, welche den Honig zum Versüßen der Speisen und zur Herstellung medizinisch anwendbarer Stoffe herangezogen wurde.
Kleidung und Schmuck
zeitgenössische alamannische Frauentracht
Glasperlen und Geweihanhänger (Donarkeule) aus Roßhaupten
eine Goldscheibenfibel aus dem Mittelmeerraum
Adlerfibel aus einem alamannischen Gräberfeld bei Weingarten
Kamm mit Etui aus einem alamannischen Gräberfeld bei Weingarten
das alamannische Allzweckwerkzeug - die Bügelschere
alamannische Lanzenspitze (7. Jhdt.)
in Silber gefasster Bergkristall
Bernsteinkette - aus Baumanns Geschichte des Allgäus
Die Kleidung der Alamannen wurde also meist aus Leinwand und Twill auf sogenannten Gewichtswebstühlen in einfachen Grubenhäusern hergestellt. Beides sind Grundbindungsarten für gewebte Stoffe und schon seit dem
Mittelpaläolithikum bekannt. Die etwa einen Meter in das Erdreich eingetieften Webhäuser boten für den Vorgang des Webens ideale Voraussetzungen, da das kühlfeuchte Raumklima dafür sorgt, dass das Leingarn nicht austrocknet und in Folge reißt. Für das Färben der Stoffe wurde beispielsweise für Blautöne der Färberwaid
(Isatis tinctoria) genutzt, zumeist dürften die Textilien aus Kostengründen allerdings als Alltagskleidung in ihrer typischen Färbung der Rohmaterialien belassen worden sein.
Die Frauentracht bestand aus einem langärmeligen Unterkleid über das man ein röhrenförmiges Stoffstück trug, welches an den Schultern mit Fibeln zusammengehalten wurde. Fibeln wurden meist kunstvoll gearbeitet und geben fast immer auch einen Hinweis auf die soziale Stellung der Person. Um die Hüfte war ab Ende des 6. Jahrhunderts stets ein kunstvoll gearbeiteter, glänzender und häufig mehrteiliger Gürtel geschnallt, an welchem einige Utensilien des täglichen Gebrauches an Kordeln befestigt waren. Etwa eine Pinzette, Schere und fast in jedem Fall ein geschnitzter Knochenkamm. Schuhe und umgeschlagene, mit Leder- oder Stoffbändern umwickelte Strümpfe kamen wohl lediglich bei entsprechender Witterung zum Einsatz. Die meiste Zeit dürften die Frauen barfuß gelaufen sein. Die wohlhabenderen Damen besaßen aber durchaus auch feines Schuhwerk aus weichem Leder und mit Metallschnallen beschlagen.
Ohrringe, Ringe und Armreife werden in manchen Fällen ebenfalls als Ausdruck des sozialen Standes interpretiert, meistens werden sie jedoch ausschließlich zur Zierde getragen. Auch Muscheln, Seeigel und Schmuckgegenstände aus weit entfernten Regionen finden sich als Grabbeigaben und lassen Rückschlüsse auf jene Gebiete zu, mit welchen die alamannischen Gruppen Fernhandel trieben. Glaube und Lebensweise bildeten bei den Alamannen stets eine Einheit und sind nicht voneinander zu trennen. So gelten Amulette, Zierscheiben, etc. als Gebrauchs- als auch Kultgegenstände zugleich, da die Träger von deren Wirkung überzeugt waren und sich Schutz vor Krankheit und Unheil davon versprachen.
Der Alamannen-Mann hingegen kleidete sich vorwiegend mit einem langen leinenen Hemd mit großer Kragenöffnung. Als Beinkleider trug er Hosen und jene der Frauentracht ähnelnden geschnürten Wadenbinden. Darüber hinaus einen etwas breiteren Gürtel mit zumeist reich verzierter Schnalle und Beschlägen und den daran befestigten Scheiden für die Waffen wie das lange Hiebschwert und der kürzere, einschneidige sogenannte Sax (das althochdeutsche
sahs bedeutete so viel wie Schwert oder Messer). Sowohl Frau als auch Mann trugen witterungsbedingt auch Mäntel und Umhänge.
Körperpflege
Betrachtet man die häufig wohl in propagandistischer Absicht verfassten Aussagen römischer Schreiber, erhält man zweifellos den Eindruck, alle Barbaren jenseits der römischen Grenzen wären kulturlose und ungepflegte Wilde. Die häufig aufgefundenen Grabbeigaben wie Kämme, Pinzetten, Ohrlöffelchen uvm. beweisen jedoch das Gegenteil. Die Herstellung von Knochenkämmen war sehr arbeits- und zeitaufwendig und hätten einen vermeintlich so ungepflegten Germanen wohl kaum zur Herstellung oder dem Erwerb eines solch wertvollen Accessoires bewogen. Tatsächlich finden sich in beinahe jedem alamannischen Gräberfeld zahlreiche solcher Kämme mit Etui.
Die "freien" Alamannen der Oberschicht trugen ihr Haar lang, genauso wie auch ihre Bärte. Es galt als Abzeichen ihrer Freiheit, weshalb es den Unfreien und Sklaven untersagt war, ihr Haar wachsen zu lassen.
Werkzeug und Waffen
Ob und inwieweit die alamannischen Grabbeigaben die alltäglichen Werkzeuge und die übliche Bewaffnung der im Umfeld der zumeist als Gräberfelder angelegten Friedhöfe der frühmittelalterlichen Bevölkerung widerspiegelt ist Thema zahlreicher Diskussionen. Die Funde jedenfalls lassen häufig eine vermeintlich reichhaltige Palette an Alltagsgegenständen und Werkzeugen zum Vorschein kommen. So wurden Scheren, Feilen, Bohrer, Schabmesser und vieles mehr, den Toten mit ins Grab gelegt. Zu der Standardausrüstung bei beiden Geschlechtern gehörten wohl auf jeden Fall das Messer und auch die Schere. Bei den meisten Männern fanden sich Nadeln und Pfrieme zur Lederbearbeitung, bei den Frauen hingegen Spinnwirteln und Webschwerter zur Stoffherstellung. Die so häufig vorkommenden Scheren (Bügelscheren) waren ein Allzweckwerkzeug und dienten mitunter zum Schafscheren.
Das die Waffen in alamannischer Zeit nicht nur einer zeremoniellen Verwendung dienten, beweisen die zahlreich vorgefundenen Hiebspuren auf den Schädeln der bestatteten männlichen Individuen. Zum Einsatz kamen im Kampf Pfeil und Bogen (Langbögen aus Eibe oder Ulme) bei einer Distanz von bis zu 200 Metern, der Ango (Wurfspeer; ursprünglich wohl fränkisch), die Lanze (weit verbreitet und in den meisten Grablegen anzutreffen), die Franziska (Wurfaxt; ursprünglich aber wohl fränkisch), der Spatha (zweischneidiges, langes Hiebschwert) und der Sax (handliches, meist einschneidiges Kurzschwert; häufigste Waffe der Alamannen).
Die Herstellung dieser Gegenstände erfolgte im Umfeld der größeren Ansiedlungen und damit dem Schutzbereich der Kriegerelite. Die Kunstfertigkeit der Waffen- und Goldschmiede jener Zeit war, laut den aufgefundenen Artefakten in den zahlreichen Reihengräbern aus alamannischer Zeit im Bereich des Alpenvorlandes, eine ganz hervorragende.
Medizin, Heilung und Gesundheit
Zahnprobleme dürften bei den Alamannen wohl zum Alltag gehört haben, denn durch das Mahlen des Korns in Steinmühlen gelangte auch jede Menge Steinmehl in die zubereiteten Speisen. Der Abrieb durch das Steinmehl führte bei einer großen Zahl der alamannischen Bevölkerung mit zunehmendem Alter zu erheblichen Abnutzungsspuren und damit ich auch zu starken Zahnschmerzen.
Für die rauen Lebensumstände spricht die Erkenntnis, dass bei rund 10% der anthropologisch untersuchten Skelette jener Zeit Verletzungen aus tätlichen Auseinandersetzungen festgestellt wurden. Als therapeutische Mittel war den Alamannen dafür beispielsweise das Schienen von Knochenbrüchen bekannt. Auch wurden Wunden mit Tiersehnen vernäht oder gar Schädelöffnungen für Heilzwecke angewandt.
In der allgemeinen Volksmedizin spielten natürlich die vielfältigen Heilpflanzen eine große Rolle, aus welchen Tinkturen und Salben bereitet wurden. In manchen Frauengräbern fanden sich häufig auch recht spezielle Gegenstände wie Sieblöffel oder Bergkristalle. Ob diese Utensilien auf eine 'Heilerin' hindeuten, kann nicht mit Sicherheit gesagt werden.
Recht und Politik der Alamannen
Ähnlich den Kelten fehlte auch den Alamannen offenbar die Fähigkeit staatliche Strukturen und eine zentrale, allgemein anerkannte Herrschaft auszubilden. Schon während der Zeit der Römer fielen sie immer wieder als unzuverlässige Bündnispartner auf, wohingegen die Franken und Burgunden dieses Unvermögen stets zu ihren Gunsten geschickt auszunutzen wussten. So gut wie immer wurden die Ämter und Posten durch die römische Obrigkeit an die Franken vergeben, die Alamannen gerieten dadurch zusehends ins Hintertreffen und spielten schon bald in politischer Hinsicht keine Rolle mehr. Der oströmische Historiker und Dichter Agathias schrieb: "Sie haben zwar von den Vätern überkommene Sitten, aber in Belangen der Staatsverwaltung und in Beziehung zu der Obrigkeit richten sie sich nach der fränkischen Staatsform."
Innerhalb des Stammesverbandes wurde an sogenannten Dingstätten Gericht gehalten. Dazu versammelten sich in festgelegten zeitlichen Abständen alle freien Grundbesitzer der Huntare (Hundertschaft) an von Alters her dazu bestimmten Plätzen unter freiem Himmel. Diese Dingplätze dienten vor der Zeit der Christianisierung des alamannischen Gebietes mitunter aber auch als heidnische Kultstätten. Meist befanden sich diese auf markanten Anhöhen im Zentrum des Einflussbereichs einer solchen alamannischen Hundertschaft.
Konnte im Verlauf des drei Tage andauernden Dings keine Einigung herbeigeführt werden, folgte der Zweikampf zwischen Kläger und Beklagtem. Der allgemeinen Auffassung jener Zeit nach dachte das Volk nämlich, dass die Götter niemals einen Unschuldigen unterliegen lassen würden. [
1].
Mit der Lex Alamannorum findet sich schließlich eine der ältesten und bedeutendsten Textdokumente des alamannischen Herzogtums mit wichtigen Angaben über Wirtschaft, Gesellschaft, Alltagsleben und Kultur im alamannisch-schwäbischen Raum. Der Pactus legis Alamannorum als ältere Textstufe aus dem ersten Drittel des 7. Jahrhunderts besteht lediglich aus vier unzusammenhängenden Blattfragmenten. Deren Inhalt stellt den gesetzgeberischen Versuch dar, mittels eines normierten Bußenkatalogs traditionelle Rache- und Fehdegewohnheiten bei Rechtsverletzungen unter Kontrolle zu bringen [
2].
Literatur, Quellen und Einzelnachweise
Literatur
Alamannen zwischen Bodensee und Main; Christoph Morrissey
St. Magnus / Apostel des Allgäus; Stefan Vatter
Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben und Neuburg; Dr. jur. K. Haff (1903)
Weblinks
Adalar-Sippe
ASK-Alamannen
Hilaringer
Quellen
Informationszentrum Via Claudia Augusta in Roßhaupten
Alamannenmuseum Weingarten
Einzelnachweise
1. Geschichte des Allgäus - Baumann; Bd. 1; S. 191
2.
Lex Alamannorum - Wikipedia