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Das Frühmittelalter in unserer Region
vom römischen Niedergang bis zur Jahrtausendwende
Mit dem Niedergang des römischen Imperiums fällt auch die weiterführende Geschichte der einstigen römischen Heeresstraße großteils zurück ins Dunkel der Historie. Schriftliche Zeugnisse sind bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt so gut wie keine belegt, getätigte Funde verleiten häufig zur Spekulation und werfen mitunter mehr Fragen auf als sie Antworten zu geben in der Lage sind. Jedoch könnte man versuchen die geschichtlichen Vorgänge, sowohl jene an der Straße als auch der Region, in den etwa fünf Jahrhunderten zwischen Erlöschen des römischen Einflusses bis zum Auftauchen weiterer historischer Befunde aus den überregionalen Entwicklungen abzuleiten.
Der Zusammenbruch
Das dem römischen Niedergang folgende Machtvakuum hat die Bevölkerung zunächst ins Chaos gestürzt. Speziell in den vormaligen Ballungszentren wie etwa Augsburg oder Kempten und anderen limesnahen Gebieten wird es verstärkt zu Plünderungen, Elend und Hunger gekommen sein. Versklavte und zwangsrekrutierte Germanen könnten ihrer jahrelang erlittenen Unterdrückung und dem angestauten Verlangen nach Rache und Vergeltung nachgegeben haben. Was sich in erster Linie gegen die Reste der romanischen als auch die gallorömischen Bevölkerungsschichten gerichtet haben wird.
Trotzdem hat es auch ein friedliches Nebeneinander mit Romanen und den sich ansiedelnden Alamannen gegeben. Baumann schreibt dazu folgendes: "...dadurch wurde aber die noch lebende romanische Bevölkerung nicht verdrängt oder geknechtet; denn Theoderich überließ den neuen Ansiedlern nur die herrenlos gewordenen, verödeten Ländereien und wahrte ausdrücklich den bisherigen Bewohnern den ungeschmälerten Besitz ihres Grundes und Bodens... [...] ...gebrauchten auch fortan ihre lateinische Sprache oder besser gesagt eine Mundart derselben (Anm.: rätoromanisch)... [...] ...wir besitzen nämlich noch Totenverzeichnisse der Klöster Kempten und Ottobeuren aus dem Beginne des 9. Jahrhunderts [in welchen] weltliche Nachbarn dieser beiden Klöster und darunter eine stattliche Reihe von Leuten, welche teils romanische, teils biblische Namen tragen. Da aber in dieser Zeit die Schwaben mit ganz verschwindenden Ausnahmen nur echt deutsche Namen führten, so müssen die Träger jener Benennungen Romanen sein..."
Ein Teil der romanischen und gallorömischen Bevölkerung zog dennoch zusammen mit den restlich verbliebenen Legionären und Funktionären zurück in das Stammland oder zumindest in klimatisch günstigere Gegenden. Doch soll es, wie Baumann uns mitteilt, noch keltische bzw. gallorömische Spuren in unserer Gegend bis hinauf in das 8. nachchristliche Jahrhundert gegeben haben, wenn er da schreibt: "...da also die Kriegsgefangenschaft eine Hauptquelle der Knechtschaft [Anm.: bei den Alamannen] war, so ist es nicht auffallend, daß unter den Hörigen noch in der Urkundenzeit gar manche mit fremdsprachigen, mit keltischen und romanischen Namen erscheinen: dies sind ohne Zweifel Nachkommen von gallischen und rätischen Kriegsgefangenen. Es heißen z.B. [...] Leibeigene von 766 Zilla und Tetta, von 797 Niffodenka, Christina und Hadacvan; Namen, die keltischen und romanischen Ursprunges sind..."
Inwieweit die einsetzende Völkerwanderung eine Rolle für das nachmalige Außerfern gespielt hatte ist nicht überliefert. Einen Zuzug hat es mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht gegeben, die Nutzung der ehemaligen Heeresstraße könnte zumindest eine untergeordnete Rolle gespielt haben (Kundschafter?), wobei dies aber sehr unwahrscheinlich erscheint, da sich die Masse an einfallenden Hunnen (450), wie schon zuvor der Vandalen (ca. 405), entlang der Donau orientierte und weiter gegen Westen in Richtung südliches Gallien abzog.
Trotzdem ist davon auszugehen, dass auch weiterhin ein Warenverkehr über die alpinen Transitrouten, also auch entlang der ehemaligen Via Claudia - wenn auch in sehr bescheidenem Umfang - stattgefunden hat. Die infrastrukturellen Bauten aus der Römerzeit wurden in Folge - zumindest als Steinbruch genutzt - zum Bau eigener, meist bescheidener Behausungen verwendet. Der Erhalt der Straßen wurde von niemandem mehr vorangetrieben.
Mitte des 6. Jahrhunderts kommt es darüber hinaus zu einer klimatischen Verschlechterung, welche in Folge zu Hunger und Unruhen führt und laut wissenschaftlicher Analysen bis etwa zur Mitte des 9. Jahrhunderts andauerte. Zeitgleich mit dem klimatischen Problem tritt auch eine verheerende Epidemie, heute als die sogenannte Justinianische Pest bekannt, auf den Plan. Eine Auswirkung auf die hiesige Bevölkerung ist nicht überliefert aber im weitesten Sinne wahrscheinlich. Problematisch dabei war das ständige Wiederaufflammen über beinahe zwei Jahrhunderte hinweg. Die betroffenen Orte wurden entvölkert und der Handel weitestgehend unterbunden - auch aus Angst vor Ansteckung.
Insgesamt sind die nachweisbaren, vorgeschichtlichen Spuren für das Außerfern bzw. dessen näheren Umfelds sehr rar. Trotzdem gibt es eine handvoll von Stationen, die eine nähere Betrachtung verdienen, deren Zeitstellung jedoch nicht eindeutig zuordenbar ist:
Steinsessel am Alpsee - sehr wahrscheinlich vorgeschichtlich; in der Nähe der Bootshütte der Wittelsbacher-> bemerkenswert ist der Standort des Steinsessels in Bezug auf die nur wenige hundert Meter Luftlinie entfernten Erzlöcher am Älpeleskopf - möglicherweise besteht hiermit ein Zusammenhang und diese Erzlöcher wurden schon lange vor ihrer erstmaligen urkundlichen Nennung für die Gewinnung von Erz genutzt?
Mange Sessele - wahrscheinlich vorgeschichtlich; an der schmalen Verbindungsstraße zwischen Lechaschau und dem Pflacher Ortsteil Oberletzen
-> möglicherweise bestand hier zur Zeit der Römer eine Furt über den Lech, welcher die Anbindung des Straßenzugs zu der Garnisonsstadt Cambodunum (später Kempten) darstellte
Reger Herrscherwechsel - Alamannen unter Ostgoten und Franken
Schon während der Herrschaft der Römer breiteten sich angehörige germanischer Volksstämme - von den Römern spätestens ab 289 als Alamanni bezeichnet (was sinngemäß soviel bedeuten soll wie "zusammengespülte und vermengte Menschen" -> laut dem oströmischen Historiker Agathias um 580) - in der Region Rätien und nördlich des Bodensees aus. Sie bildeten in der Endphase des Imperiums jene Bevölkerungsschicht, welche zur Sicherung der Militärgrenzen bis an die Donau von den Römern benötigt wurden und somit auch zur sesshaften Niederlassung als römische Untertanen berechtigt waren. Die Ausbreitung der Alamannen im späten 5. Jahrhundert reichte in seiner Ausdehnung vom heutigen Elsass gegen Osten bis hin zum Lauf des Lechs. Der Expansionswille und die militärische Stärke der nördlich der Alamannen herrschenden Franken verstärkte zusätzlich das Vordringen alamannischer Stammesgruppen gegen Süden und so etwa ab dem 8. Jahrhundert in größerem Maße gezwungenermaßen auch in den Bereich des Außerferns hinein.
ab 496 wird das vormals unter ostgotischem Einfluss stehende Alamannia nach kriegerischen Auseinandersetzungen dem Reich der Franken einverleibt - Darstellung im Allgemeinen Historischen Handatlas von Johann Gustav Droysen, 1884
Eine alamannische Fibel (Gewandspange) und weitere Artefakte, aufgefunden im Bereich der heutigen Burg Ehrenberg, lässt auf eine Höhensiedlung zwischen dem 5. und 7. Jahrhundert schließen. Ein weiterer alamannischer Fund - eine Gürtelschnalle - ist auch für den Lechtaler Ort Elbigenalp belegt. In diesem Zeitraum ist ebenso ein Bündnis der zwischen Iller und Lech lebenden Alamannen mit den Ostgoten unter Theoderich bezeugt. In kriegerischen Auseinandersetzungen konnte sich dieses Bündnis gegen die Franken jedoch nicht behaupten.
Die überlieferte Lebensart der Alamannen würde diese Höhensiedlung auf Ehrenberg bestätigen - bis in das 19. Jahrhundert wurden noch die Römer als erste Erbauer der Höhenburg angenommen. In den Übersetzungen der zeitgenössischen Historiker und Geographen wird häufig die Freiheitsliebe der Alamannen zur Sprache gebracht: "...sie (die Alamannen) verabscheuten die beengenden Mauern der Städte, ließen sich viel lieber an Quellen, Wald oder Anhöhen nieder. Ihre Sitte und Lebensweise war rauh... / ...ihre Waffe war die Streitaxt mit doppelter Schneide und der Speer von mittlerer Länge, zu Wurf und Stoß, mit Eisen beschlagen, an der Spitze mit Widerhaken versehen, an der Lende hing das Schwert, an der linken Seite der Schild... / ...sie lebten in leicht erbauten Hütten, im Winter viele gar in Höhlen, im Krieg und auf der Weide unter Zelten, in angestammter Freiheit, unter ihren eigenen Fürsten, treu den Göttern ihrer Väter... / ...sie verehrten Bäume, Flüsse, Höhen und Täler... / ...sie schlachteten ihnen Pferde und andere Tiere als Opfer...".
Für Roßhaupten ist zu Beginn des 7. Jahrhunderts eine Ansiedlung alamannischer Siedler nachgewiesen. So fand man am östlichen Ortsrand ein Gräberfeld mit annähernd 30 Bestattungen jener Zeit. Beigaben wie Schmuck, Waffen sowie Trank- und Speisegaben wurden den Verstorbenen auf ihren Weg in das Leben jenseits mit ins Grab gelegt.
Den Franken war derweil daran gelegen, die einstigen Nord-Süd-Verbindungen über den Alpenhauptkamm unter ihre Kontrolle zu bringen. So stellte auch für die Franken in der ersten Hälfte des 6. Jahrhunderts der Lech die östliche Grenze ihres Herrschaftsgebietes dar. Mit dem zuvor ins Frankenreich eingegliederte Herzogtum Alamannia dürfte sich auch die eigentliche Keimzelle der lokalen Besiedelung im oberen, alpinen Tal des Lechs herausgebildet haben. Spätestens im Jahr 748 geht dieses Alamannia endgültig im weiter expandierenden, fränkischen Staatsgebilde unter König Pippin III. auf.
Beginn der Christianisierung - das Außerfern zur Zeit des heiligen Magnus und der Karolinger
Um 725 etwa betritt der auch gern als Apostel des Allgäus bezeichnete Missionar Magnus das Gebiet um Füssen und sehr wahrscheinlich auch im Bereich des heutigen Lechaschau. Vom Kloster St. Gallen entsandt, wandert er zusammen mit einem Mitbruder, dem ortskundigen Tosso (Tozzo), über den Bodensee-Raum gegen Kempten und weiter nach Epfach, der wichtigen Straßenstation Abodiacum aus der Römerzeit. Über Roßhaupten führte sie ihr Weg nach Füssen und in das Gebiet um Schwangau.
Betrachtet man die widrigen Rahmenbedingungen wie Hunger, Krankheit und Kriege jener Tage, so verwundert es auch nicht, wenn dem Verkünder der Christenlehre in seiner Vita ein rechtes Zerrbild der angetroffenen Menschen unterstellt wird (die Vita selbst wurde ja tatsächlich erst etwa 100 Jahre nach dem Ableben des hl. Magnus verfasst). So wird die offenbar zerstreut siedelnde Bevölkerung durchwegs als wild und roh dargestellt. In Verbindung mit der Christianisierung jener Menschengruppen wird stets die Tötung der Riesenschlange und des Drachens als symbolische Überleitung des Kampfes gegen die heidnischen Praktiken als auch die Bedrohlichkeit der Natur versinnbildlicht und in vielen Kirchen im weiten Umkreis in Fresken thematisiert.
Bildnis des hl. Magnus bei der Drachentötung zu Roßhaupten (19. Jahrhundert) - ob der Künstler von den heidnischen Hintergründen des alamannischen Opferkultes Kenntnis hatte?
So wird zum Beispiel die Ortsbezeichnung von Roßhaupten auf die frühere Darbringung von Opfern zurückgeführt. Eben wenn ein Pferdekopf als wertvolles Opfertier auf dem Brandopferaltar landete vielleicht. In der Magnus-Legende wird das lateinische "caput equi" wörtlich zu "das Haupt des Pferdes" übersetzt. Selbst einige bildliche Darstellungen aus späterer Zeit erinnern häufig eher an die Abbildung eines Pferdes, denn jener eines Drachens. Zudem wurde am Grund des heutigen Forggensees im Bereich des Tiefentales, jenem Ort an dem sich die Drachentötung abgespielt haben soll, direkt an der alten Via Claudia Augusta ein Brandopferplatz lokalisiert. Dessen Zeitstellung soll bis in die Römerzeit zurückreichen und es ist gut möglich, dass er auch in den Jahrhunderten der alamannischen Landnahme in regem Gebrauch stand.
Karl der Große - zunächst Frankenkönig und ab 800 Träger der Kaiserwürde - trieb die Verdrängung des Heidentums jedenfalls in maßgeblicher Weise voran. Er galt als Förderer der bereits von seinem Vater Pippin ins Frankenreich gerufenen Mönche und Missionare. Die Zielsetzung galt einer Vereinheitlichung sowohl im politischen Sinne als auch in der Religion, quasi eine Art Gleichschaltung aller Untergebenen als Untermauerung des Herrschaftswillens.
"eine Sprache - eine Schrift - eine Religion - ein REICH"
Die Vorgehensweise der Christianisierung im fränkischen Reich war mitunter auch durch massive Gewalt geprägt, auf der anderen Seite schwang aber auch die Förderung von Wissen und Kultur in erheblichem Maße mit. Mit der Errichtung von Klöstern - in diesem Fall die Zelle des Sankt Mang bei Füssen - entstanden auch Zentren der Gelehrtheit, sie galten darüber hinaus als Hüter bzw. Überbringer der Kultur. Alles in allem dürfte der christliche Glaube von den Franken als fortschrittlich angesehen und deshalb mit soviel Nachdruck von der eigenen Bevölkerung eingefordert worden sein.
Alpgau und Keltensteingau
Im Umfeld der Pfarrkirche von Breitenwang wird schon während des Bestehens der Via Claudia Augusta eine mansio (römische Raststätte) angenommen. Durch die Wiederaufnahme - vielleicht aber auch der kontinuierlichen Nutzung durch die Zeit - der Nord-Süd-Verbindungen über die Alpen gilt eine fränkische Version einer Straßenstation an jener Stelle - ein fränkischer Königshof - als wahrscheinlich. Gestützt wird diese Annahme möglicherweise zusätzlich durch die Schenkungen Hildegards an das seit 752 bestehende Kloster von Kempten. Hildegard, die seit der Vermählung im Jahr 771 dritte Ehefrau Karls des Großen, brachte nach deren Rückkehr vom Langobardenfeldzug (774) aus Italien die Reliquien der Märtyrer St. Gordian und St. Epimachus nach Kempten. Möglicherweise erfolgte deren Transport auf der alten Trasse der Via Claudia Augusta.
Nach der vollständigen Assimilation des alamannischen Herzogtums ging man daran, eine fränkische Gaueinteilung zu installieren, also das Frankenreich gänzlich in Verwaltungseinheiten aufzugliedern. Dabei wird dem Einfluss des damaligen Alpgau (heute Allgäu) zumindest das heutige Tannheimer Tal und wahrscheinlich auch das Obere Lechtal
Pippin - der Vater Karls des Großen
bei Holzgau und Elbigenalp zugeordnet. Von Norden in den alpinen Teil des Lechtals eindringend, erstreckte sich der Keltensteingau. Eine Ausdehnung bis Weißenbach wird dabei angenommen, wahrscheinlich reichte diese aber noch wesentlich weiter in das Lechtal hinein (möglicherweise Forchach -> siehe im Text weiter unten).
In einer Übersetzung von 1789 wird gar von einem Dorf namens Geltimstein berichtet: "...Pip(p)in (der fränkische König) durch diese Erzählung (Bischof Wi(k)terp schlug vor in Füssen eine Zelle durch Magnus errichten zu lassen) innigst gerührt fragten den Gunzo (ein alamannischer Herzog) auf der Stelle ob nicht in der Nachbarschaft ein zur königlichen Kammer zinsbarer Ort wäre - und als ihm dieser ein gewisses Dorf Geltimstein nannte, welches alle Jahre an den Hof gewisse Abgaben zu entrichten hätte, gab der wohltätige Fürst dem Bischofe (Wikterp) nebst anderen Geschenken den ganzen nahe gelegenen Wald, und überließ ihm die 113 Pfunde, als den jährlichen Ertrag besagten Dorfes in der heiligen Absicht, dass das Andenken dieser Guttat auf ewige Zeiten erhalten würde..."
In einer Fußnote steht dazu erklärend: "Zwar hat die Zeit den Namen Geltimstein verdrängt, oder wenigstens verändert. So viel ist gewiss, dass es in dem heutigen tyrolischen Gerichte Ehrenberg gelegen war."
Die Historiker nehmen an, dass es sich bei Geltimstein nicht um ein einzelnes Dorf, sondern vielmehr um den Gau Keltenstein handelt (Übersetzungsfehler?). Sehr wahrscheinlich beschreibt es das nachmals als Aschau bezeichnete Gebiet, welches vom heutigen Wängler Ortsteil Hinterbichl bis Weißenbach und später gar bis Forchach reichte.
Aber bereits im 10. Jahrhundert wird der Keltensteingau zumeist nur als der Bereich eines ausgedehnten Wildbanns angesehen. Baumann schreibt dazu in seiner Geschichte des Allgäus: "...die Kleinheit dieses Gaues und seine schwache Bevölkerung[szahl] lässt es leicht verstehen, weshalb derselbe schon früh unter die Verwaltung eines benachbarten Grafen gestellt wurde. Schon 930 hatte er keinen eigenen Grafen mehr, sondern unterstand der Gewalt des Augstgaugrafen Ruodpert..."
1059 wird von Heinrich IV. der Wildbann und eine kleine Grafschaft an das Bistum Augsburg als Schenkung weitergegeben. Zwischen dem Augsburger Bischof und einem Grafen Dietpold entspann sich daraus jedoch eine erbitterte Fehde. Wahrscheinlich deshalb, da Graf Dietpold zuvor diesen Amtsbezirk verwaltet hatte und durch diese Schenkung in seiner Macht arg beschnitten wurde.
Die Ahnenreihe dieses Grafen reicht weit zurück und fußt schließlich im Namen eines Landgrafen von 919 - welcher ebenfalls Dietpold hieß und wohl zu jener Zeit als Machthaber über das Augstgau verfügte, das schon Jahrzehnte zuvor den Keltensteingau in sich aufnahm und damit zu einem sehr weitreichenden Herrschaftsgebiet ausdehnte.
Der Kampf gegen den Drachen - war er doch noch nicht zu Ende?
Nach dem Tod des Heiligen Magnus wurde dessen Zelle zerstört. Vielleicht hatte die Überzeugungsarbeit des Predigers doch noch nicht den gewünschten Effekt erzielt und das Heidentum lag noch nicht restlos am Boden? Jedenfalls initiierte der Augsburger Bischof Sintpert die Wiedererrichtung von Kirche und Klosterbau. Die bauliche Fertigstellung wird in die Zeit 830/40 eingeordnet. Die Kirche genoss unter den Franken zwar großen Schutz und Begünstigungen, die Abkehr der alamannischen Bevölkerung von ihren Naturgöttern dürfte aber durchaus ein schwieriges Unterfangen gewesen sein welches immer wieder auf massiven Widerstand stieß.
Unter der Herrschaft Ludwig des Frommen begann der Abstieg der fränkischen Vorherrschaft. Innenpolitische Spannungen und die Reichsteilung schwächten die Macht der Karolinger zusehends. Ludwig gilt, obwohl dies jeglicher historischen Grundlage entbehrt, als eifrigster Widersacher gegen das Heidentum. Sein Hang zur Verchristlichung ist zwar durchaus bemerkenswert und historisch gesichert, eine außerordentliche Verfolgung der Heiden ist aber nicht belegt.
Minne trinken?
"...selbst zur Zeit des hl. Ulrich war der alte heidnische Geist im Volke noch nicht völlig erstorben, denn dieser Bischof mußte selbst den Priestern noch untersagen, die Minne eines Heiligen oder eines Todten zu trinken..." Geschichte des Allgäus; Baumann
Bei den Germanen und nordischen Völkern hatte der Begriff minne - im Gegensatz zu der geläufigen Begrifflichkeit der Liebe - die Bedeutung der 'Erinnerung', was auf die indogermanische Wurzel men also 'denken' zurückgeht. Im Mittelhochdeutschen stand minne deshalb für 'freudiges Gedenken oder die freudige Erinnerung'. Mit dem Begriff 'Minne trinken' war demnach der Gedächtnis- oder auch Abschiedstrunk für einen Verstorbenen oder auch einen bestimmten Heiligen gemeint [2].
Mittelalterliche Wärmeperiode und ungarische Reiterei
Etwa in den Jahren 850 bis 900 setzt für den mitteleuropäischen Raum eine Wärmeperiode ein, welche bis etwa zum Jahr 1250 anhält. In der ersten Phase dieser Zeitspanne vollzieht sich durch die klimatisch günstigen Verhältnisse und dem daraus resultierenden Wachstum der Bevölkerung eine zunehmende Verknappung an bebaubarem Acker- und Weideland im Voralpenraum. Eine Ausweichbewegung in den inneralpinen Bereich nimmt ihren Lauf und eine systematische Besiedelung durch die von den Grundherren entsandten Gruppen etabliert sich in den jeweiligen Regionen. Die ersten Zuwanderungen haben sich neuesten archäologischen Erkenntnissen zufolge an den bereits bewohnten oder zumindest landwirtschaftlich genutzten Flächen der vormaligen römischen Straßenstationen der Via Claudia Augusta - oder zumindest in deren Nahbereich - ergeben. Solche Raststätten entlang der Via Claudia befinden sich: bei Biberwier (durch Ausgrabungen historisch gesichert), bei Lähn/Bichlbach und Breitenwang (für die beiden letzteren wird dies lediglich vermutet). Bei Biberwier hat sich offenbar keine Siedlung aus der einstigen, römischen Station entwickelt. Im Bereich Bichlbach und Breitenwang sind die Historiker der Meinung, diese Siedlungskontinuität aus den jeweiligen Kirchenpatrozinien ableiten zu können.
Der heilige Ulrich erfleht Gottes Hilfe gegen die Heiden, während er an der Seite König Ottos bei Augsburg gegen die Magyaren (Ungarn) ins Feld zieht (Deckenfresko der ehemaligen Wallfahrtskirche bei Pinswang)
So würden die Kirchenpatronate für Bichlbach (Laurentius) und Breitenwang (Petrus) jeweils auf einen spätrömischen Ursprung hindeuten. Als weiteres Indiz gelten die Randlagen der Kirchen innerhalb der Gemeindeflächen, entstanden wohl durch die als begrenzend wirkenden Straßen an welchen sie seit jeher gelegen sind. Diese Schlussfolgerungen erscheinen durchaus plausibel, wenn man sich zum Vergleich Gemeinden mit einer jüngeren Entstehungs- bzw. Besiedelungsgeschichte - wie beispielsweise Tannheim - ansieht. Hier bildet die Kirche das geografische Zentrum und die Siedlungsflächen breiteten sich rund um das Gotteshaus aus. Einen weiteren Anstoß für die plötzlich eintretende, starke inneralpine Siedlungsaktivität darf man wohl auch in den Umtrieben und Überfällen der Ungarn im nördlichen Alpenvorland am Beginn des 10. Jahrhunderts annehmen. Die von Bergen umrahmten Täler waren leichter zu überwachen und für feindlich gesinnte ungleich schwerer zu überfallen als die Siedlungen auf offener Fläche nördlich des Alpenzuges. Eine am 10. August 955 ausgefochtene Schlacht auf dem Lechfeld bringt nicht nur lokal einen Wendepunkt in der Geschichte, als der ostfränkische König Otto und der Salier Konrad der Rote gegen die Ungarn ins Feld ziehen. Häufig als "die Geburtsstunde der deutschen Nation" gefeiert, ist dem König Otto jedenfalls eine Untermauerung seines Machtanspruches und ein Schlag sowohl gegen die äußeren, als auch jene Feinde im Inneren gelungen. Verwendete Literatur
EXTRA VERREN 2006 - Vom Werden des Außerferns (Teil I: Von der Römerzeit bis zum "iudicium extra verren" - Richard Lipp)
Handbuch der bayerischen Geschichte - III/2 - Schwaben - Max Spindler (1971, Verlag C.H. Beck)
Alamannen zwischen Bodensee und Main - Schwaben im frühen Mittelalter - Christoph Morrissey
Anton Falger und das Lechthal - Christian Schneller