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Josef Gigl
d'r Gigl
Josef Gigl und sein Muli
Ausserferner Nachrichten vom 27. August 1983
"...zu den wenigen Originalen weit und breit gehört 'Der Gigl aus der Asche'. Muli, Pferde, Jochpeitsche und der kräftige weiße Nikolausbart sind seine Markenzeichen, an denen ihn jeder Einheimische kennt und in Erinnerung hat.
Von Kindheit an bis heute liebte er Natur und Tier. Als Schulbub verdiente er bereits für den karten Lebensunterhalt als Heim- und Alphirt in drei Sommern ein paar Kreuzer dazu. Als neue Sommerarbeit wollte man ihm eines Tages eine vom Wetter unabhängige Arbeit als Besteckputzer in einem Reuttener Lokal anbieten. Er lehnte dankend ab und griff wieder zu seinem Lodenmantel und zu seiner Peitsche.
Mit 13 Jahren und noch schulpflichtig, verdingte er sich im Sommer 1924 als Fuhrknecht bei Johann Winkler, vulgo Batist, in Stanzach. Es wurden ihm zwei kräftige Pferde anvertraut, mit denen er Tag für Tag Holzstämme von Stanzach nach Reutte zur Fuchssäge beförderte. In der Rolle des jüngsten selbständigen Fuhrmannes des Bezirkes fühlte er sich sichtlich wohl. In Forchach, so berichtete Gigl, unterbrach jedesmal ein Schlagbaum seinen Holztransport. Es mußte damals noch Maut für die Erhaltung der Lechtaler Straße bezahlt werden.
Einmal hielt ihn ein Gendarm auf und fragte ihn nach seinem Alter. Josef nannte es wahrheitsgemäß, und der Gesetzeshüter ließ ihn mit der Mahnung weiterziehen, er solle ja gut aufpassen. Die einzige Sorge des kontrollierten Fuhrmannes war, man würde ihm nun seine Holzfrächterei nehmen, was aber nicht eintraf.
Zehn Wochen lang verfrachtete Gigl die Holzstämme nach Reutte. Dafür erhielt er als Lohn ganze S 100,- inclusive Essen und Quartier, wobei er noch täglich die beiden Rösser zu versorgen hatte. Für heutige Begriffe des sozialen Wohlstandes sind die damaligen Verhältnisse kaum zu verstehen - und doch hat es sie gegeben. Dabei war der junge Fuhrknecht mit seinem Arbeitsplatz zufrieden und, wie er versicherte, auch glücklich.
Am 14. September brachte er die letzte Fuhre nach Reutte und am nächsten Tag drückte er bereits wieder die Schulbank in der Volksschule Lechaschau. Für damalige Zeiten ist Gigl kein Einzelfall, das Wort 'Schulstreß' war noch nicht in aller Munde.
Nach seiner Schulzeit erlenrte Gigl in den Herbst- und Wintermonaten das Schuhmacherhandwerk, einige Sommer lang hütete er noch das Alpvieh. Nach seiner Lehrzeit arbeitete er einige Jahre im Metallwerk Plansee.
Sein Ziel blieb aber die freie Natur und das Tier. 1930 kontte er sich sein erstes Muli kaufen, mit dem er die vielen Notwendigkeiten auf Alpen und Wildbachverbauungsstellen säumte. Dann pachtete er im Lauf der Zeit mehrere Alpen und Schutzhütten (Musauer Alpe, Säulinghaus, Dürrenbergalpe), wo er mit seiner Gattin Tilda für Sommergäste und Einheimische ein beliebter und urwüchsiger Gastgeber war. In halb Europa zerstreut sind die vielen Fotos, die von ihm als nostalgisches Symbol des kernigen Tirolers gemacht worden sind.
Anfang der fünfziger Jahre übernahm ein Motorfahrzeug den Transport zu seinen Pachthütten. Gigl blieb aber trotz seiner Benzinvehikel dem Tier treu und kaufte sich zusätzlich Pferde, von denen er sich bis heute nicht trennen konnte. Er erkannte, daß selbst der großartige technische Fortschritt für bestimmte Arbeiten auch heute noch das Pferd als Arbeitskraft braucht. So wurde Gigl nun neben seiner Tätigkeit als Hüttenwirt ein gesuchter Holzstreifer und -frächter, Pflüger auf Kleinäckern, Vorreiter und Kutscher bei verschiedenen Anlässen. Mit seinem feuerigen Spitzhengst Moritz führt er jetzt noch, im Alter von 72 Jahren, solche Arbeit durch.
Wenn heute der Arbeitstag des Gigl Josef etwas stiller geworden ist - von seinem Moritz trennt er sich trotzdem nicht. Er soll seine 'Rente': genießen, wie ich es tue, meinte Gigl dem Gemeindechronisten gegenüber..."
Außerferner Nachrichten vom 29. Okt. 1986
Josef Gigl. Lechaschau, der älteren Generation als mutiger Fußballtormann und als Original noch in bester Erinnerung, hat sich seit seinem 13. Lebensjahr mit Pferden und Mulis bis 1985 befaßt und mit ihnen einen Teil seines Lebensunterhaltes bestritten. Er war mit seiner Gattin Tilda Pächter mehrerer Alpen und Schutzhütten, versah mit seinen Mulis Trägerdienste für die Wildbachverbauung, war im ganzen Bezirk ein gesuchter Holzstreifer und fehlte kaum bei einem größeren Fest als Vorreiter oder Kutscher. Aus den Wäldern Außerferns streifte er in den Herbst- ,Winter- u. Frühjahrsmonaten jährlich durchschnittlich an die 1000 fm Holz, mitunter auch an die 1500 fm, je nach Lage und Gelände.
Im Vorjahr nun mußte er schweren Herzens seine zwei Noriker, den 25jährigen Max und den 29jährigen Moritz dem Schlächter übergeben, nachdem er 53 Jahre lang Pferdehalter war. Es war ein trauriger Abschied, versicherte der Pferdeliebhaber. Während dieser langen Arbeitszeit mit Pferden, die meistens unter gefährlichen Umständen und in oft schwierigem Gelände auszuführen war, blieben er und seine Rösser von schwereren Unfällen verschont, obwohl beide mehrmals in eine gar mißliche Situation geraten waren. Das Glück oder der Schutzengel standen mir zur Seite, meinte er im Gespräch mit dem Chronisten, das er aus Anlaß der Vollendung des 75-sten Lebensjahres von Josef Gigl geführt hatte. Die Heimatzeitung, Außerferner Nachrichten, wünscht ihm noch viele friedliche und gesunde Jahre.