Am Hoargenstein, einem aus Wiesen emporragenden Felsenkopf zwischen Reutte und dem Ehrenberger Schlosse, rechts von der Straße nach Heiterwang hausten ehedem in einer Felsenhöhlung drei verwunschene Fräulein. Sie waren gar schön gekleidet, und eine von ihnen hatte einen Bund Schlüssel und ward oft gesehen, wie sie ihr blondes, lang herabhängendes, lockiges Haar kämmte und dabei weinte. Nicht selten spannten sie vom Hoargenstein bis zum Ehrenberger Schlosse oder zum Steinernen Brückele, ja sogar bis zu den Weißenbacher Schrofen ein Seil und hängten daran kleine weiße Tücher auf, und wenn das die Leute sahen, sagten sie: "Es wird gut Wetter, die Fräulein hängen die Wäsche auf." Zuweilen sah man sie auch herumwandeln, besonders zu heiligen Zeiten und voraus an Quatembertagen. Manche behaupten, auf dem Hoargenstein sei zur Heidenzeit ein Götzenbild gestanden; da wären die Heiden viel hingekommen und hätten es verehrt.
In der Talniederung am Fuße des alten Schlosses Ehrenberg ist ein Felsen, überwachsen von Strauchwerk; ringsum liegt grünes Gefilde. In diesem Felsen ist eine Höhle befindlich, in welcher drei Jungfrauen, ganz mit schwarzem Gewand angetan, hausen.
Die Jungfrauen spinnen zur Nachtzeit von ihrer Höhle aus bis zu einem einzeln hervorstehenden Turm des Schlosses ein langes, langes Seil, und hängen daran Wäsche auf. Wie sie erlöst werden können, hat noch Niemand erfahren.
Die Dreizahl und die schwarze Kleidung gesellt diese spinnenden Jungfrauen zu der großen Sippe, die auch in anderen Ländern sagenhaft im Volk lebt, und dem ältesten germanischen Mythenkreise entstammt.
Deutsche Alpensagen - Johann Nepomuk Ritter von Alpenburg (1861)