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Heinrich Findelkind von Kempten




das Hospiz St. Christoph am Arlberg
Der Mayr von Kempten, von seinem Abt geliebt und durch diese Gunst, durch rastlosen Fleiß und Segen von oben bereichert, hatte neun Söhne. Dazu wurde ihm ein zehnter Knabe bei Nachtzeit vor die Tür seines Hauses gelegt, die Hausfrau und Ehewirtin murrte "es seien der Kinder ohnehin schon genug". Aber der Hausherr erbarmte sich des armen Wurmes, seiner schönen Gestalt und rührenden Unschuld. So hatte er nun zehn Kinder und zog sie alle glücklich auf. Aber er hatte Bürgschaft getan für einen Freund, dem aber war das Glück untreu. Betrüger brachten ihn um einen großen Teil seines Besitzes. Die Stürme des Meeres brachten mehrere seiner Schiffe auf den Grund der See - "Bürgen muss man würgen," lautet da ein altes, aber nicht gutes Sprichwort - und so erging es auch dem Mayr von Kempten. Er ging daran zugrunde - mit sich und der Welt im Zwist, wurde der fröhliche Mann ein Menschenfeind und selbst den eigenen Kindern nicht mehr zugetan. Er schlug sie und trieb sie aus dem Haus, dass sie wo anders ihr täglich Brot verdienten.

Der zehnte, der arme Heinrich Findelkind, war am schlimmsten dran. Aber er lief doch lieber in die weite, große Welt hinaus, als dass er sich zu Hause hätte totschlagen lassen. Da fanden an der Heerstraße zwei Priester, welche nach Rom zogen, den weinenden Knaben. Sie trösteten ihn und gaben ihm zu essen - mit ihnen ging er dann über den Arlberg. Dort oben wohnte ein rauer und streitbarer, aber frommer Ritter. Man hieß ihn nur den Jackl über Rhein. Der gab den Priestern reichlich Almosen und fragte: "Wo wollt ihr mit dem Knaben hin?" Sie erwiderten: "Er ist uns auf dem freien Feld über den Weg gelaufen". Worauf der Ritter antwortete: "Lasst ihn mir, dass er meine Schweine hüte!" Die Priester antworteten: "Er kann tun, was er will" und Heinrich Findelkind wurde Knecht und Schweinehirt beim Jackl über Rhein, erhielt des Jahres zwei Gulden Lohn, ging fleißig jeden Sonntag mit dem Ritter in die Kirche und trug ihm das Schwert nach. Wie sie da, dem fernen Geläute nach, den Berg hinaufstiegen, brachte man ihnen oft viele Leichen entgegen von unglücklichen Pilgern, die des Winters auf dem Arlberg in Schneegestöber oder unter Lawinen zu Grund gegangen. Raubvögel und Raben hatten ihnen die Augen ausgehackt, die Kehlen abgefressen und sie auf mannigfache Weise verunstaltet. Das erbarmte den Heinrich Findelkind so sehr, dass er bitterlich weinte und ein heiliger Eifer in ihn drang, solches Unglück zu verhüten. In vollen zehn Jahren hatte er fünf Gulden in allem ausgegeben und also noch fünfzehn Gulden übrig von seinem Verdienst mit dem Hirtenstab. Da trat er eines hohen Festtages vor Kirchentür mit dem Ausruf, "ob jemand die fünfzehn Gulden nehmen wollte und damit einen Anfang machen auf dem Arlberg, dass die armen Pilger nicht also ihr Leben ließen.

Aber die Leute lachten vielmehr des törichten Beginnens eines Betteljungen und niemand wollte als erster Hand anlegen. Da rief Heinrich Findelkind von Kempten zu Gott dem Allmächtigen und zu St. Christoph dem starken Nothelfer und rettete gleich den ersten Winter sieben Menschen das Leben und ein paar Jahre darauf über fünfzig Menschen. Darauf stiftete er eine eigene Bruderschaft St. Christophs auf dem Arlberg und zog für diese edle Bruderschaft bettelnd durch alle Länder und erhielt reiche Gaben. Die Kirchenfürsten von Salzburg, Chiemsee, Freising, Passau, Regensburg, Augsburg und Würzburg gaben ihm reichen Ablass. Das Bruderschaftsbuch nennt unter den vorzüglichsten Wohltätern unter anderen auch die Landgrafen von Leuchtenberg und Grafen von Montfort und Ortenburg und viele andere Ritter. Herzog Leopold der Stolze von Österreich bezeigte im Dezember 1386, nachdem im Juli vorher sein Vater bei Sempach wider die verachteten und verspotteten Schweizerbauern mit dem Kern seines stolzen Adels gefallen, es sei der arme Knecht Heinrich von Kempten, in seiner Jugend ein Findelkind, mit großer Andacht und Begierde vor ihn gekommen, dass er wollte gern ein Haus bauen auf dem Arlberg und in dieser Wildnis wohnen und sitzen, vorzüglich damit die armen Pilger und Kaufleute nicht ferner so elend zugrunde gingen. Es seien ja viele gute Dinge angefangen worden von einfältigen Leuten, darum befehle er allen seinen Hauptleuten und Richtern, ihn dabei zu schützen und zu schirmen. Des armen Hirtenknaben und Findelkinds von Kempten edles Werk begann und bestand durch mehrere Jahrhunderte hindurch. Es erhielt Tausenden das Leben und sicherte einen für den Handel wichtigen Straßenzug.
Quelle: Sagen, Gebräuche und Sprichwörter des Allgäus - Reiser (1895)


Geschichte des Allgäus, Baumann Ludwig (1883)
"...durch heldenmüthige Nächstenliebe wurde Heinrich von Kempten, ein Findelkind, berühmt. Derselbe errichtete ein Hospiz auf dem damals nur mit Lebensgefahr zu begehenden Arlberg und stiftete zur Erhaltung dieses Hospizes die St. Christophsbruderschaft am Arlberg, in die selbst die Herzoge von Österreich und aus dem Allgäuer Ritteradel die Herren von Rotenstein eingetreten sind. Um ihr einen Rückhalt zu schaffen, sammelte Heinrich 1386—1414 Beiträge auf Bettelreisen durch Deutschland, Polen, Ungarn und Kroatien. Schon im ersten Jahre des Bestandes seines Hospizes rettete Heinrich auf dem Arlberg 50 Menschen das Leben..."


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