Arbeitsgemeinschaft heimischer Volkskunst
Aus: Ausferner Bote vom 21. Okt. 1926
Der Gedanke der Heimkunstförderung hat sich seit Bestehen unserer Gemeinschaft in unerwartet fester Form vertieft und verbreitet. Fast ausnahmslos haben sich die in Ausfern lebenden Kunstschaffenden der Bewegung angeschlossen. Aus dem anfänglichen kleinen Stab, vertreten durch die Namen Riezler, Schriftsteller Zangerle, Hochwürden Pater Edmund, Forcher, Praxmair, Rossi und Lorenz, wuchs in rascher Folge unsere Arbeitsgemeinschaft heraus, wertvoll vergrößert und unterstützt durch die der Allgemeinheit ja längst vertraut gewordenen Mitarbeiter Lang, Kees, Schnitzer, Brüder Bischof, Koch und Kieltrunk.
Nunmehr hat sich auch die schon in weiteren Kreisen ihrer sächsischen Heimat bekannt gewordene Malerin Frau Lucia Kollbach-Lux unserer Arbeitsgemeinschaft angeschlossen und tritt mit einer reichbeschickten Vollausstellung im Schaufenster des Kaufhauses Thummer Reutte zum ersten Male in ihrer neuen Außfernerheimat vor die Öffentlichkeit.
Geboren zu Dresden als Töchterchen eines Postsekretärs, trat schon in der Schulzeit der Künstlerin eine auffallende zeichnerische Begabung hervor. Der Tod des Vaters, der ihr im ersten Lebensjahre entrissen ward, hatte jedoch jeder fachlichen Schulung Schranken gesetzt und nachdem sie mit 17 Jahren auch der Mutter beraubt wurde, trat die Doppelwaise in den Postdienst ein. Dem unverlierbaren Hang nach Regung ihres künstlerischen Impulses nachgebend, besuchte die Kunstbegeisterte die Privatschule der Aquarellmalerin v. Seydlitz-Gerstenberg.
Der Postdienst hemmte jede freiere Entwicklung; sie verließ denselben nach 4 Jahren u. widmete sich nun vollends der Malerei, ging auf die Kunstgewerbeschule als Schülerin von Professor Drescher, einem Meister der Oelmalerei und wurde hernach Vollschülerin von Frau Professor Junge, zur weiteren Vertiefung ihres sich rasch durchsetzenden Könnens. Gleichzeitig gründete die Künstlerin ein eigenes Atelier, dem sie dann bei 12 Schülern und Schülerinnen durch mehrere Jahre Vorstand. In unermüdlichem Schaffensdrang malte sie gegen 700 Bilder unter dem Decknamen "Lux", die sämtlich ausgestellt und verkauft wurden. (Seit der Verehelichung mit Herrn Walter Kollbach signiert die Malerin unter dem Namen Kollbach-Lux). Zahlreiche Malfahrten führten Frau Kollbach-Lux durch Thüringen, die sächs. Schweiz, ins Riesengebirge, an die Ostsee (Rügen), in die Allgäuer Berge (Oberstdorf) und zuletzt in unser Tiroler Landl, das ihre Künstlerseele so sehr gefangen nahm, daß sie sich entschloß, dauernd darin Aufenthalt zu nehmen. Durch Ankauf und Betrieb eines Kleinbauerngutes in Bichlbach (Zingerhaus) sind die liebenswürdigen "Sachsen" nun ganz die "Unsrigen" geworden.
Zumal die Arbeitsgemeinschaft heimischer Volkskunst erhofft, sich aus der werktätigen Mitarbeiterschaft der durch die harte Schule des Kunstlebens gegangenen Malerin eine ganz außerordentliche Unterstützung ihrer Bestrebungen, das in unserer natürlich begabten Heimatsphäre tief eingewurzelte Kunsterproben zu neuer Blüte zu bringen. Unsere Heimkunstbewegung will ja heute noch keine zielerreichte sein; sie will und soll vielmehr erst den Dornenweg zur Vollendung schreiten!