Wie so oft frage ich mich, wie die Menschen in früheren Zeiten fühlten und dachten, welche Anschauungen sie hatten und wie sie mit den Themen des alltäglichen Lebens und darüber hinaus mit schwierigen Situationen und Krisen umgingen.
Fronleichnams-Prozession
Herz-Jesu-Feuer
Hexverbrennen
und der Hexensonntag (Pinswang)
Dem Scheibenschlagen voraus, geht das sogenannte Hexverbrennen. Auf einem Holzkreuz wird dabei eine mit Stroh ausgestopfte und altem Gewand gekleidete Puppe geformt. Das Gesicht besteht aus einer hölzernen Hexenmaske und in der Armbeuge wird von ihr ab und an ein Korb getragen, aus welchem eine meterlange Wurst heraushängt. Heutzutage wird sie, einer Hexe angemessen, auch gern mit einem Besen ausgestattet.
Die Buben tragen am Nachmittag des Hexensonntags schließlich die Hexe durch das Dorf und lassen sie unter lautstarkem Rufen vor den Häusern tanzen. Die Bewohner treten aus den Häusern um sich dem Zug anzuschließen und letztlich als Dorfgemeinschaft zum Hexenfeuer zu wandern und dieses, nachdem man die Hexe zuoberst aufgesteckt hat, zu entzünden. Die Besucher versammeln sich rund um das Feuer und beobachten das Züngeln der Flammen und den 'Feuertod' der Hexe.
900 Jahre Pinswang - Das Dorf an der Grenze
Hollaschreien
Pinswang (28. Dez.)
Neujahrschreien
Außferner Bote vom 6. Jänner 1927
Schattwald, 3. Jänner. Eine lang ersehnte Freude war es für die Schulkinder, am Neujahrstage nach althergebrachter Weise von Haus zu Haus ihren Neujahrsglückwunsch herzusagen. Ortsüblich werden die Kinder in jedem Hause mit Geldstücken und Kleinigkeiten beschenkt und ist dieser Tag eine Freude für Jung und Alt.
Erfreulicherweise erhielten die Kinder heuer in fast jedem Hause 10 bis 50 Groschen und ist dies ein Beweis, daß noch fest an diesem alten Brauche gehalten wird und man sich der guten Wünsche der Kinder freut.
Scheibenschlagen
Bild: Josef Saurwein, Zams - Wikimedia
Das Scheibenschlagen findet am ersten Fastensonntag statt. Im Außerfern wird dieser einst weit verbreitete, alte Brauch jedoch nur noch in Weißenbach, Musau, Pinswang und Ehrwald betrieben. Überregional findet man eine derartige Brauchtumspflege noch im Tiroler Oberland, dem Vinschgau und wohl nur noch einem einzigen Ort in Osttirol. Im Raum Innsbruck und dem Tiroler Unterland ist man gänzlich davon abgekommen, wogegen derselbe in Südwestdeutschland und auch in Bayern noch relativ häufig betrieben wird. Mit am häufigsten aber im Schwarzwald und im Breisgau, als auch in Vorarlberg.
Erste schriftliche Erwähnungen zum Brauch des Scheibenschlagens finden sich bereits im 11. Jahrhundert, wobei angenommen wird, dass derselbe sogar bis in die
Keltenzeit zurückreichen könnte und einem heidnischen Ritus der Winter- und Dämonenaustreibung entsprang.
Scheibenschlagen gehört seit 2015 zum Immateriellen Kulturerbe in Österreich.
Das Lechthal, Anton Spiehler (1883)
...die Johannisfeuer und das mit denselben verbundene Scheibenschlagen waren schon zu Falgers Jugendzeit nicht mehr in Uebung. Doch weiss er von älteren Leuten, dass die Scheiben aus Buchenholz von etwa 8 Zoll Durchmesser bestanden, ein Loch in der Mitte hatten und dass die brennende Scheiben unter bestimmten Sprüchen zu Ehren von Liebesleuten geschleudert wurden; sie sollen dabei oft bis in die Felder und Wiesen herabgeflogen sein, weshalb dieser Gebrauch als feuergefährlich verboten wurde...
Feuerbräuche in Tirol, Karl C. Berger
Sonnwendfeuer
Viehseuchen

Im westlichen Tannheimer Tal - zumindest wird es für diesen Bereich dargestellt - grassierten in den Jahren 1696 und 1703 bis 1707 immer wieder 'schröckliche' Viehseuchen.
Im 19. Jahrhundert fasst der deutsche Germanist und Volkskundler Jahn Ulrich in seinem Werk 'Die deutschen Opfergebräuche bei Ackerbau und Viehzucht' das Geschehen älterer Zeit folgendermaßen zusammen:
"...man denkt sich die alles grausam dahinraffende Krankheit personificiert als ein grauenhaftes Spukgespenst, dessen Nahen allem Gethier Tod und Verderben bringt. In Süddeutschland ist diese Personification unter dem Namen Viehschelm bekannt, und Schauriges wissen die Leute z.B. im Lechrain von ihm zu erzählen: 'Er ist ein Stier, aber nur zur vorderen Hälfte leibig, in der Mitte geht er aus und schlenzt die leere Haut hintnach. Wenn er sich zeigt, dann entsteht eine Sucht unter dem Vieh, und kommt ein grosses Sterben über dasselbige..."
Ein wenig erinnert die Beschreibung dieses Spukgespensts an einen aus der griechischen Mythologie bekannten
Ophiotauros und man ist geneigt sich zu fragen, ob diese Übereinstimmung möglicherweise einen Hinweis auf eine uralte Überlieferung geben könnte?
Jahn Ulrich führt weiter aus:
"als einst [...] eine arge Viehseuche ausbrach, rieth ein altes Weib, [...] den Hummel (Zuchtstier) lebendig einzugraben, dann werde die Seuche aufhören. Der Stier wurde mit Blumen bekränzt und im feierlichen Zuge, das alte Weib an der Spitze, zur tiefen Grube gebracht..."
Zwar wurde in dem eingangs erwähnten Seuchenfall kein Tier lebendig begragen, dennoch ähneln sich die Vorgänge, wenn man in der Gräner Kirche zum hl. Wendelin unterhalb der bildlichen Darstellung eines Prozessionszuges samt mitgeführter Kuh liest:
"Dankbare Erinnerung an die wunderbare Befreiung von der in den Jahren 1703 bis 1707 im angrenzenden Auslande grassierenden schrecklichen Viehseuche, welche auch schon bei uns Spuken will. Durch die Verlobung zum hl. St. Wendelin war schon die drohende Gefahr hin. Der Kreuzgang der ganzen Pfarrei brachte ein lebendes Opfer aus dem Mittleren Drittel herbei, eine Kuh dem heiligen Hirten Wendelin. Gott sei Lob und Ehr und Dank für seinen Segen. Denn an diesem ist alles gelegen."
Die heidnischen Gebräuche aus grauer Vorzeit wurden zu dieser Zeit also noch immer gelebt...