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Eisenzeit

von Kelten und Rätern



Die Situation im Außerfern und dem Allgäu
Auch an der Schwelle zur Eisenzeit ist für das Außerfern vorrangig lediglich die Funktion als "Transitland" anzunehmen. Spätkeltische Siedlungsspuren finden sich möglicherweise bei bzw. im Umfeld des Knobels bei Weißenbach - was jedoch in der Fachwelt noch nicht als gesichert gilt.

Aus dem Donauraum kommend gelangten um etwa 600 oder 550 v. Chr. die ersten Träger der Hallstatt-Kultur entlang der Flussläufe der Iller und des Lechs in das Alpenvorland und in die unteren Bereiche der Alpentäler. Eine größere Ansiedlung entstand dabei nachweislich im Stadtgebiet des heutigen Kempten - das keltische Cambodunum gilt als der Hauptsitz der Estionen. Deren südliche Nachbarn waren die Brigantier am Bodensee und weiter östlich siedelten die Likatier am Ufer des Lechs, vermutlich bis an den Fuß der Berge bei Füssen. Ihren legendären Hauptsitz Damasia vermutete man lange am Gipfel des Auerbergs, letztlich ließen sich aber bislang keine derartigen Spuren aus keltischer Zeit finden - die Frage nach dem Standort dieses "akropolisgleichen" Baues muss also offen bleiben.
Bislang werden in den Diskussionen folgende Örtlichkeiten verstärkt für das alte Damasia gehalten: Auerberg, Füssen, Augsburg, ?

Den bislang aufgefundenen Spuren jener Zeit zufolge scheint sich im Bereich des heutigen Außerferns eine Art Grenzgebiet befunden zu haben. Es gibt zwar mehrere kleinräumige Überschneidungen, in den meisten Fällen aber auch recht klare Hinweise auf die Kulturgrenze von Rätern und Kelten, welche sich entlang des Gebirgskamms der Allgäuer Alpen aber auch dem Talgrund des unteren Lechtals bei Reutte relativ stark abzeichnet. Diese Grenze zeigt sich auch recht deutlich in den bevorzugten Siedlungsflächen der jeweiligen Kultur an. Die Räter im Gebirge und die keltischen Siedler im flacheren, bis an die Berge heranreichenden Terrain.

Die "Identitätskrise" der Kelten
Alle diese vorgenannten Stämme zählt man letztlich zu der übergeordneten keltischen Gruppe der Vindeliker und werden in mehreren antiken Quellen wie beispielsweise bei Strabon genannt und am Tropaeum Alpium, dem Siegesdenkmal des späteren römischen Alpenfeldzuges, gar in Stein gemeißelt. Wobei es schwerlich möglich ist sie als einheitliches Volk zu bezeichnen, da sich die einzelnen Gruppierungen offenkundig nie als einer nationalen oder ethnischen Identität DER Kelten zugehörig fühlten. Sie teilten lediglich die Sprache und im weitesten Sinne die kulturellen Gebräuche, im täglichen Leben hingegen bekämpften sie sich gegenseitig oft und mitunter auch heftig wenn es um die territoriale Vorherrschaft in irgendeinem Landstrich ging. Diese Uneinigkeit verhinderte stets auch eine militärische Machtbildung und trug so wohl letztlich auch erheblich zu ihrem späteren Untergang bei.

Kirche auf dem Auerberg

die Kirche auf dem Auerberg
Stierkopfschlüssel von Sonthofen

der "Sonthofer Schlüssel"
Replik eines keltischen Stierkopfschlüssels (vermutlich 3. oder 4. vorchr. Jahrhundert; Heimathaus Sonthofen)

regenbogenschüsselchen - keltisches geld
Regenbogenschüsselchen aufgefunden bei Simmerberg
aus: Geschichte des Allgäus - Baumann (1883)


ob das wohl der späthallstattzeitliche Grabhügel bei Roßhaupten ist?


Lageplan der keltischen Fliehburg bei Ottacker
Baumann, Buck; 1883


Votivfigur
rätisch
Nur sehr selten gibt es aus Stein errichtete Bauten welche auf die Kelten zurückgehen. Als Beispiel kann hier die Fliehburg bei Ottacker (Sulzberg) am Rande des Illertales aufgeführt werden, welche aber nicht als Behausung genutzt, sondern eben als Schutz vor Feinden diente.

Der Übertritt in den Status einer Hochkultur lag für die isoliert wirtschaftenden und lebenden keltischen Zellen deshalb aus politischer und gesellschaftlicher Sicht aufgrund ihres Stammes-Denkens also stets in weiter Ferne. Trotzdem waren die Produkte und Wirtschaftsgüter der Kelten weitum äußerst begehrt, gerade was die Eisen- und Waffenproduktion aus deren Werkstätten anbelangte. So werden sie heute in manchen Schriften gar als die „Herren des Eisens“ bezeichnet.
Generell verfügten die keltischen Schmiede und Handwerker über eine so große Geschicklichkeit und Fertigkeit, dass ihre Werke einer Hochkultur würdig gewesen wären oder gar jene Kunstgegenstände von anderen, tatsächlichen Hochkulturen in den Schatten stellten. Noch heute ist man sich allerdings uneins, ob auch im Bereich Allgäu und dem Außerfern die notwendigen Erze abgebaut wurden und vor allem, wo sich der antike Ort der Verhüttung befunden haben könnte. Die Indizien sprechen für den Bereich Roßhaupten, als Abbauort könnte die Region rund um den Säuling in Erscheinung treten. Dort wo auch Jahrhunderte später der heilige Magnus auf ein vermeintlich "wildes Volk" - die Alamannen - traf, welches jedoch scheinbar Kenntnis um den Verwendungszweck des Erzes hatte.

Keltische Bauern und Brandopferplätze
Ob und wie weit die keltischen Likatier ihre Herden in die sich gegen Norden öffnenden Täler und den darin befindlichen Höhenzügen und Alpen trieben ist nicht genau bekannt. Dass es eine Landbevölkerung im unmittelbar bergnahen Bereich gegeben haben muss, beweist die Auffindung eines keltischen Brandopferplatzes aus dem Zeitraum der Spätlatènezeit um 100 v. Chr. im nördlichen Teil des heutigen Forggensees - der ja bekanntermaßen ein Stausee mit jahreszeitlicher Schwankung des Wasserspiegels ist und erst Mitte des 20. Jahrhunderts errichtet wurde.

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Fund im nahen Umfeld der bei Pfronten gelegenen Fallmühle. Bei Grabungsarbeiten stieß man nämlich auf einen in den Hang verlegten Bohlenweg. Die Datierung durch die C14-Methode lässt eine zeitliche Einordnung des Fundes in die Hallstattzeit zu. Für ebenfalls späthallstattzeitlich wird ein Grabhügel in der Nähe von Roßhaupten gehalten. Der Hügel weist einen Durchmesser von etwa 20 Metern auf und gilt als der südlichste derzeit bekannte Grabhügel des Ostallgäus. Auch von Vils nach Pfronten durch das Pfrontener Tal verlaufend fand man offenbar Reste eines Bohlenweges aus der späten Hallstattzeit (550-540 v. Chr.). Möglicherweise handelt es sich dabei aber auch um einen Irrtum in der einschlägigen Literatur und gemeint ist ein und derselbe Bohlenweg mit seinem Verlauf im Achtal?
Einen Aufschluss über die Nutzung des oder der Bohlenwege gibt es bislang jedenfalls nicht.

Denkbar wäre jedoch, dass die keltischen Bauern ihr Vieh die Sommermonate über unter anderem auch in das Gebiet des Tannheimer Tals trieben um, ähnlich der heutigen Bewirtschaftungsform, von den siedlungsnahen Feldern einen Futtervorrat für den Winter anlegen zu können.

Boier - Nachbarn und wichtige Handelspartner im Nordosten
Die nordöstlichen Nachbarn stellte der keltische Stamm der Boier dar, mit deren Gruppen die Vindeliker Handel getrieben haben. Da im unmittelbaren Alpenvorland durch die Kargheit des Bodens und der klimatischen Verhältnisse nur sehr geringe Erträge an Getreide erzielt werden konnten, bezogen sie das Korn mit großer Wahrscheinlichkeit von den auf den fruchtbaren Lößböden siedelnden Boiern. Im Gegenzug dazu gaben die Bewohner Vindeliziens ihren Überschuss an Pech, Kienspan (Späne aus Kiefernholz; gut brennbar da terpentinhaltig), Wachs, Honig und Käse - dem "Exportschlager" der im Voralpenland lebenden Keltengruppen - an die jeweiligen Handelspartner ab.

Räter - die Nachbarn im Süden
Die südlichen Nachbarn der Kelten waren die Räter im inneralpinen Raum im Bereich des Inntals. Eine rätische Votivfigur, aufgefunden im Bereich der Parzinnspitze (Gemeindegebiet Pfafflar - Lechtaler Alpen), gibt einen Hinweis auf die regen Kontakte und Handelsbeziehungen mit den im Alpenvorland lebenden Kelten. Rätische Spuren finden sich aber auch im Bereich von Unterammergau als Schriftzeichen im Gebiet des Pürschlings - Ergebnisse einer genaueren Untersuchung derer fehlen aber noch. Die rätische Kultur scheint aber auch im Süden und Südosten innerhalb des Außerferns einen teils weitreichenden Einfluss gehabt zu haben. Vermutlich nutzten die rätischen Fokunaten und Breuni von Süden kommend die Weiden und Hochlager für ihr Vieh.

Als Randkultur der mediterranen Welt hatten sie von den Etruskern die Schrift übernommen[1]. Eine rätische Votivtafel mit Inschrift gilt somit bislang als ältester Schriftfund des Außerferns.

Wo genau die Grenze der Besiedelung durch die genannten Volksgruppen verläuft, lässt sich jedoch anhand der Funde nicht genau lokalisieren. Vielmehr erscheint auch aus dieser Betrachtungsweise heraus das Außerfern erneut als Transitland oder eben als für die Alpwirtschaft genutzte Fläche.

(bislang bekannte) Siedlungsspuren aus keltischer Zeit:
- Agathazeller Gallmoos (Goimoos, Goymoos)
- Altstädten
- Kempten (Cambodunum) als antikes Zentrum der vindelikischen Estionen (lt. Strabon)
- Oberstdorf
- Ottacker bei Sulzberg
- Pfefferbichl bei Berghof (Ostallgäu)
- Schöllanger Burgberg
- Sonthofen (Gribesgraben)
- Oberbinnwang (Bad Grönenbach)
- Fliehburg am Falken bei Ittelsburg (Wolfertschwenden)

Einzelfunde im oder rund um das Außerfern aus keltischer Zeit:
- Engetal (Bohlenweg)
- Weißenbach
- Musau



Noch im Jahr 1861 vermutete der Autor Josef Feistle die älteste Zeit in der Gegend um Füssen - und damit auch jene des Reuttener Beckens - folgendermaßen:
...die jetzt so schöne Gegend Füssens war noch kurze Zeit vor Christi Geburt eine große, fast undurchdringliche Wildnis. Bären und Wölfe hausten in den tausendjährigen Urwäldern, und giftiges Gewürm bewohnte die großen Sümpfe und Moore. Nur sehr wenige menschliche Bewohner hatten sich an den beiden Lechufern in dürftigen Hütten angesiedelt, und lebten von der Jagd und dem Fischfange. Ihre Kleider waren die Häute der erlegten Tiere...

So ganz richtig dürfte er damit also nicht gelegen sein.

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