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Ehrwald

von Fassdauben und einer uralten Mühle



ehrwald


erste urkundliche Erwähnung: 1299 - Erwalden
Fläche: 49,44km²
Höhe: 994m
Ortsteile: Ober- und Unterdorf, Schmiede



Namensdeutung


Der Name Ehrwald leitet sich vermutlich aus dem althochdeutschen "ero wald" ab, was soviel bedeutet wie der Anfang des Waldes.


Blick auf Ehrwald und die Zugspitze

Ein prähistorischer Altweg


Noch heute lässt sich im Bereich der Annakapelle nördlich von Ehrwald der sogenannte Höhenreinweg ausmachen. Zahlreiche Untersuchungen und Funde entlang dieser Strecke durch das Tal der Loisach in Richtung Garmisch-Partenkirchen lassen den Schluss zu, dass diese Trasse bereits seit der Hallstattzeit genutzt wurde. Auch zur Zeit der Römer stand dieser Altweg in regem Gebrauch, wie Münzfunde jener Zeit belegen.

Heimstettener Gruppe


Rätsel gaben die 1954 sowie 1984 entdeckten Körpergräber im Gemeindegebiet von Ehrwald auf. So war selbst nach den letzten Grabungen des Jahres 1984 lange Zeit nicht klar welchem Kulturkreis diese Bestattungsfunde zuzurechnen sind.

Erst als 2012 weitere Ausgrabungen getätigt wurden kam der Hinweis von Magister Johannes Pöll (Landeskonservatorat für Tirol), dass es sich bei den aufgefundenen sterblichen Überresten um Angehörige der sogenannten Heimstettener Gruppe handle.

Das Zustandekommen dieses Kulturkreises ist allerdings immer noch nicht im Kern geklärt, so liest man großteils von einer keltischen Abkunft, was eine Reaktivierung altkeltischer Trachtenbestandteile bei den Grabfunden erklären würde. Andere Interpretationen gehen von einer römisch initiierten Zuwanderung aus dem innertirolischen Raum aus, was dann wieder auf den Volksstamm der Räter schließen ließe.

Jedenfalls liegt die Annahme nahe, dass die Präsenz der römischen Machthaber ganz offenbar auch einen großen Einfluss auf das kulturelle Identitätsempfinden der keltischen Bevölkerung hatte, wenn diese ihrerseits lange erloschene Riten und Gebräuche wieder zum Leben erweckten und auf diese Weise ein gewisses Aufbegehren gegen die Besatzer symbolisierten.

In der Nachbetrachtung scheint es sich aber lediglich um ein kurzes Aufflammen des Widerstands als auch der Besiedelung gehandelt zu haben, denn nach nur einer Generation (etwa 30 bis 60 n. Chr.) erlischt die archäologische Nachweisbarkeit so rasch, wie sie aufgetaucht war.

Woher kamen die Siedler des Loisachbeckens nun wirklich?


In den meisten historischen Abhandlungen der Region wird davon ausgegangen, dass die ersten Siedler des Ehrwalder Beckens - bajuwarische Siedler aus dem Inn- und Gurgltal - über die Anhöhe des Fernpass kamen. Die meisten 'Verbindungen' der ersten Bewohner dieses Landstriches scheinen wohl tatsächlich diesem Ursprung zugewandt.

Der Füssener Historiker Matthias Thalmair und der Halblecher Amateurarchivar Hubert Romeder wollen jedoch anhand den alten Beschreibungen der Bistumsgrenze Freising aus dem 11. Jahrhundert die Besiedlungsgeschichte dieses Bereiches in ein anderes Licht rücken. Diese Grenzziehung würde eine Besiedlung des Loisacher Beckens von Garmisch-Partenkirchen 'herauf' wesentlich wahrscheinlicher erscheinen lassen.

Aktuell sprechen mengenmäßig wohl mehr Aspekte für die Besiedlung von Innertirol aus über den Fernpass kommend. Eine klarere Darstellung könnte sich also mit künftigen historischen Funden bzw. Erkenntnissen ergeben.

Loisachmühle



nicht mehr im besten Zustand
- die Loisachmühle bei Ehrwald mit der alten Steinbogenbrücke
Laut einer Infotafel am Objekt geht die Mühle auf die Zeit der Staufer zurück. Mit etwa 800 Jahren wäre sie eine der ältesten, dokumentarisch nachgewiesenen, vom Wasser angetriebenen Getreidemühlen nördlich der Alpen. Zunächst im Besitz Kaiser Friedrichs II. (Barbarossa) wurde sie wohl noch vor 1220 an das Kloster Steingaden veräußert. Nach rund 300 jährigem Besitz verkaufte das Kloster die Loisachmühle an die Postmeister-Familie Roschmann aus Lermoos.

In einem Bericht aus dem Jahr 1675 geht hervor, dass sich der Damm an der Mühle im Laufe der Zeit immer weiter erhöht und so das Wasser aus dem Moos am Ablaufen behindert habe. Die im Moos liegenden Güter wurden dadurch geschädigt, sodass eine Verlegung der Mühle mitsamt dem Swiler (=Staudamm) weiter "gegen Garmisch hin" notwendig wurde.

Grenzstreitigkeiten


Im 15. Jahrhundert kam es zu Grenzstreitigkeiten zwischen dem Bischof von Freising und Tirol. So hatten die Tiroler zum damaligen Zeitpunkt Anspruch auf den Eibsee und den gesamten Zugspitzstock. Über Jahrzehnte blieb die Grenzziehung strittig und erst 1656 konnten sich der Tiroler Landesfürst Erzherzog Karl und der Freisinger Bischof Albert Sigismund einigen. 1766 erfolgte die letzte Grenzrevision, wobei der höhere Zugspitzgipfel an Werdenfels gelangte.

Ehrwalder Schanze


Tirol und Vorarlberg - Johann Jakob Staffler (1841)
"...im Norden vom Dorfe im Schanzthale war einst die Ehrwalder Schanze eine stark befestigte Strassensperre gegen Baiern angelegt. Sie wurde wie die andern Festungswerke dieses Bezirkes abgetragen. Aus ihren Trümmern entstand ein Gasthaus und das Gebäude für ein Hilfszollamt, das dort nebst einem Gränzwacheposten aufgestellt ist..."

wie aus dem Moos fast ein See wurde


1577 wollte der damalige Landesfürst Erzherzog Ferdinand II. das Lermooser Moos zu einem See aufstauen und auf dem aus der Mitte des Moos herausragenden Tummebühel ein Schloss errichten lassen. Die Anrainergemeinden waren jedoch auf das Moos als Futterquelle für ihre Tiere angewiesen. Schon allein die ganzen Vorspannpferde für den Salztransport verbrauchten große Mengen an Heu, waren doch zu Spitzenzeiten über 300 Tiere entlang der Strecke der drei Zugspitzdörfer im Einsatz.
Die Bittschriften der Bevölkerung und wohl auch die Angst vor monetären Verlusten durch Einschränkungen des Salzhandels haben den Gewalthaber einlenken lassen.

alpiner Bergbau


Auch Ehrwald war, gleich wie Biberwier, ein Bergbauort. Bereits im Jahre 1500 wird ein Silberbergwerk im Bereich des Sebensees genannt. 1599 wird von einer Schmelzhütte und einem Hammerwerk in Ehrwald berichtet.
Blei, Zink und Galmei wurde darüber hinaus am Breitenkopf abgebaut. Die bergbauliche Aktivität hielt bis 1735 an, danach versiegte der Bergsegen. Mehr zu diesem Thema hier: Bergbau im Außerfern

die Herstellung von Fassdauben in Ehrwald


Auch für die Ehrwalder ergab sich durch die Haller Salinen ein lukrativer Nebenerwerb. So wurden ab der Mitte des 17. Jahrhunderts Fassdauben für die Herstellung der Salzfässer nach Hall geliefert. In der Blütezeit wurden jährlich über 400.000 Stück erzeugt.

ehrwald martinskapelle zugspitze schneefernerkopf

Haus- und Familiennamen


Christler - Pfeifenmacher
Doseler - Hersteller von Schnupftabakdosen
Fasser - stellte Fassdauben für Salzfässer her
Goaßer - Ziegenhirte
Goldner - Goldschmied
Kämbler - fertigte Kämme aus Rinderhorn
Käsler - Käser
Kirschner - verarbeitete Pelze
Knechtler - Hofknecht
Knopfler - fertigte Knöpfe aus Hirschgeweih
Löffler - Löffelschmied
Mächler - stellte Rechen, Gabeln und Stiele her
Miländer - Müller
Peacher - Pechsammler bzw. Pechsieder
Schanzer - Wirt auf der Schanz
Schlosser - Schmied (Kunstschmied)
Somweber - Samt- und Saumweber
Tuecher - erzeugte Loden aus Schafwolle
Wöbeler - Leinenweber (Flachs)
Zuntl - sammelte Baumschwämme für die Zunderherstellung
aus "Bezirk Reutte - Das Außerfern" - Barbara Falkeis-Posch (Beitrag Ehrwald)

Mit dem Niedergang des Salzhandels in napoleonischer Zeit, waren die Handwerker von Ehrwald gezwungen neue Einnahmequellen zu finden. Dabei verlegten sich einige auf die Kunst des Holz- und Beindrechselns, wobei man sich vornehmlich auf die Fertigung von Pfeifenspitzen spezialisierte. Um etwa 1850 gab es über 100 Pfeifenspitzendreher im Ort.

Einen weiteren Gewerbezweig stellte das Kunstschmiedehandwerk dar. Kunstvoll geschmiedete Toreingänge und Grabkreuze waren die Verkaufsschlager, wobei sich hier vor allem der Name der Familie Guem hervor tat.
Aber nicht nur das Kunstschmiedehandwerk, sondern auch die Fertigung von profanen Werkzeugen wie Gabeln und Rechen fand in den Ehrwalder Werkstätten statt. Lange Zeit zogen die sogenannten "Ehrwalder Mächlar" mit ihren Waren in ganz Tirol von Markt zu Markt.


das Eisenbahn-Viadukt bei Ehrwald - im Hintergrund die Zugspitze

tobias-wilhelm-truppe ehrwald mühle
Tobias Wilhelm-Truppe in der Ehrwalder alten Mühle

Melkalpen


Um die Mitte des 19. Jahrhunderts werden für Ehrwald zwei Melkalpen genannt, wobei die Alpe selbst als Klavinger-Alpe bezeichnet wird. Der Flurname Klawinger oder Klavinger findet sich im Bereich des heutigen Berggasthof 'Alpenglühen'. Die Ehrwalder Alm selbst liegt etwa 400 Meter weiter westlich von vorgenannter Flur [1].

Feuersbrunst


1925 zerstört ein Großfeuer 7 Gebäude im Ortsteil Unterdorf.

Ludwig Ganghofer


Der Schriftsteller Ludwig Ganghofer war häufig in Ehrwald zu Gast. Er besaß ein Haus im Ort und betätigte sich auch als Jagdherr in den umliegenden Wäldern.

Tobias Wilhelm-Truppe


Ab etwa 1900 trat die sogenannte "Tobias Wilhelm's - Tiroler Sänger und Tänzer Gesellschaft" öffentlich auf und etablierten maßgeblich das, was man später als "Tirolerabend" bezeichnet. Mit Trachten und Vorführungen der Schuhplattler, inszenierte Wilhelm Bühnenstücke mit volkstümlicher Musik. Die erfolgreiche Truppe trat im gesamten deutschsprachigen Raum in den Konzertsälen Europas auf, um in weiterer Folge auch in Amerika auf Tour zu gehen.

Ausferner Bote vom 28. August 1924
"Ehrwald, 26. August. Heute traf von Zürich die Trauernachricht ein, daß der bekannte Tiroler Sänger Tobias Wilhelm, welcher dort von einem heimtückischen Leiden Rettung suchte, gestorben ist. Wer Wilhelm in den jungen Jahren kannte und die von ihm geleitete Sängergruppe, mußte bekennen, daß er das Beste in diesem Fache anstrebte und auch erreichte. Tirol und besonders Ehrwald verdankt dem Verstorbenen viel für gute Reklame im weitesten Ausland. Wilhelm war längere Zeit Mitglied der Gemeindevertretung und lag ihm das Wohl der Gemeinde stets am Herzen."

Gaistal-Straße


Ende der 1920er- und am Beginn der 1930er-Jahre wird über den Bau einer Straße im Gaistal debattiert. Die Strecke würde Leutasch mit Ehrwald verbinden und so zu einer möglichen Stärkung des Fremdenverkehrs dieser Regionen beitragen. Die politische Situation bremst aber den gerade aufkeimenden Tourismus stark ab und so wird die Idee des Straßenbaus ebenfalls wieder verworfen.

Lawinenunglück


1952 finden bei der sogenannten Gatterl-Lawine 5 Menschen den Tod.

Tourismus und Gastronomie


les alpes ehrwald diskothek

Bilder


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Einzelnachweise


1. Statistik der Alpen von Deutsch-Tirol (1882)


Tegelberghaus
tegelberghaus, jagdhaus, branderschrofen

Burg Schrofenstein
schrofenstein, stanz, landeck, schroffenstein

Wental
wental, steinheim am albuch, dolomitfelsen


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