Grän - um 1960
Alpgebiet
Wahrscheinlich handelt es sich bei Grän um jenen Ort, in welchem ursprünglich die erste Alpe des Tales errichtet wurde. Der bei den Einheimischen wohl kaum noch bzw. nur recht betagten Personen bekannte Flurname
"uf dr Siglé" deutet auf jene Stelle hin, an welcher einst die erste Sennhütte gestanden haben mag.
Nachdem also das vormalige Alpgebiet bald selbst als Dauersiedlungsraum genutzt wurde, ging man daran Weidegründe in den Bergwäldern zu schaffen. Lichtungen wurden erweitert, Waldflächen großzügig gerodet und mögliche Standorte für Hütten ausgeholzt und in Folge bebaut. Schon 1459 wird in Urkunden vom Gräner Älpele und der Gessenwangalpe berichtet.
Kirchengeschichte
Schon 1459 wird erstmals eine St. Wendelinskapelle genannt, für die Kapelle ist ein Neubau in den Jahren 1617 bis 1622 überliefert. Die Einweihung fand am 10. August 1641 statt. 1793 wird diese zur Kirche ausgebaut.
Auszug aus: Außferner Bote vom 22. Okt. 1927
"...und weilen dann leider zu derselbigen Zeit unter S. V. — (salva venia — mit Verlaub zu sagen) Roß und Vieh eine solche Sucht, Pest und Krankheit hat grassiert und umgegangen ist, daß zum mehreren Teil in der ganzen Pfarre an Roß und Vieh in drei Tagen gesund und tot erfunden worden, und weil dann die Nachbauerschaft in Grän sich miteinander beschlossen und verbunden haben, daß sie dem hl. Wendelin — auferbauen werden diese obbemelte Kapelle, und ist der Anfang des Baues beschehen im Monat Märzi anno 1617..."
An der Empore findet sich ein Gemälde eines Bittganges von 1669, bei welchem zur Abwendung einer von Ungarn eingeschleppten Rinderpest eine lebende Kuh geopfert wurde. Bald darauf taten es ihnen alle Gemeinden des Tannheimer Tales gleich.
Die Gräner Kapelle bleibt aber im 17. und 18. Jahrhundert gern und oft besuchter Wallfahrtsort für die Anliegen an den Viehpatron.
Die kleine Nepomuk-Kapelle am Obbichl wurde an jener Stelle errichtet, in der bis etwa in die 30er Jahre des 18. Jahrhunderts die hier an einer Krümmung fließende Log immer wieder in die Felder ausbrach und diese überschwemmte.
Herr Hans vom Bichl (Johann Franz Rief)
Ein Seelsorger in Grän gilt als äußerst originelle Persönlichkeit -
Johann Rief. 1754 in Rauth bei
Nesselwängle geboren, war man bald zu der Überzeugung gelangt, den Jungen Johann dem Studium der Theologie zuzuführen. Seine Leistungen übertrafen alle Erwartungen und man hatte insgeheim schon große Pläne für ihn zurechtgelegt. 1784 wurde er zum Vikar der gerade neu entstandenen Seelsorge Grän ernannt.
Dieser eine, kleine Schritt auf der "Karriere-Leiter" wollte dem Johann aber schon genügen. Er lebte zufrieden in dem neuerbauten Widum, welches auf einer kleinen Anhöhe unweit der Kirche errichtet wurde. So nannten ihn bald alle nur noch den "Herrn Hans vom Bichl".
Seinen Dienst versah er geflissentlich, aber sobald sich auch nur die kleinste Möglichkeit bot, machte er sich auf in die umliegende Bergwelt - seiner schon von zahlreichen Vorfahren weitervererbten Lust zu frönen - dem Waidwerk. Da kam es auch öfters vor, dass er dem Messner schon am Vorabend zuraunte: "Söffle, moan läasemr a Jägar-Mössle" (übersetzt: "Söffle, morgen lesen wir eine Jäger-Messe"). Da ertönte anderntags schon um 2 Uhr früh die Glocke, welche zum Gebet rief und etwa eine Stunde später machte sich der Hans bereits auf mit seiner Flinte in den Bergwald und hinauf ins Gebiet der Gimpelalpe zu marschieren.
Als es 1796 hieß, die französischen Truppen am Oberjoch abzuwehren, lag der Hans mit der Feuerwaffe in der Hand an vorderster Front der Landesverteidiger. Sein treffsicheres Auge und das Talent zum Schießen, welches ihm bei der Jagd ansonsten immer zur Seite stand, wird ihn wohl auch hier nicht immer sein Ziel verfehlen haben lassen. Letztendlich wurde er sogar in den Zeitungen für seinen Heldenmut und dem Willen seine Heimat zu verteidigen geehrt.
Aber auch sonst war der Herr Hans vom Bichl nicht frei von Extravaganzen. So hielt er viel auf die körperliche Ertüchtigung und stählte viele Stunden am Tag seinen Körper. Dabei diente ihm sein Hausdach als Trainingsgerät: dort wurde herum geklettert, am Giebel balanciert und an der Dachtraufe der Handstand geübt. Aber auch in seinen Bergen galt es immer wieder, solche Kunststücke etwa auf spitzen, stark exponierten Felszacken zu üben, von welchen ein Sturz in die Tiefe allemal den sicheren Tod bedeutet hätte.
Noch lange trug der nebst der Tannheimer Hütte aufragende Felszacken den Namen "Gräner Häare Näs" (Felsnase des Pfarrers von Grän). Auch die Grate und Zacken im Gebiet zwischen Köllenspitze, dem Gimpel und der Roten Flüh dürften vor ihm nicht sicher gewesen sein.
Nach 47 Dienstjahren in Grän verstarb Johann Rief hochbetagt am 3. Dezember 1831 ebendort.
Der "Oedenbach"
Außferner Bote vom 28. Jänner 1928
Der Bästianstag ist für die Gemeinde Grän ein Gedenktag. Zur Abwendung der der Fraktion Haldensee vom Oedenbach drohenden Wassergefahr wurden von dieser zwei Feiertage, die sogenannten Bachfeiertage verlobt und zwar am Vorabend von St. Sebastian der Besuch des Gottesdienstes in Nesselwängle und am St. Vitustag (15. Juni) eine Wallfahrt nach Maria Rain bei Großnesselwang. 1811 wurde der Oedenbach, der bis dahin mitten durch das Dorf seinen Lauf hatte, auf Betreiben der bayerischen Regierung in den See geleitet, der gleichzeitig am Nordwestende einen Abfluß erhielt. Der Volkssage nach soll sich der Bach selbst während eines Hochgewitters auf der Strindenalpe einen Runst nach dem See zu aufgerissen haben. Seit dieser Zeit blieb die Ortschaft von Vermuhrungen verschont. Die Gelöbnistage werden noch gehalten. Leider gehts dabei manchmal bei Manchen etwas feucht her.
Engetal
Durch das Engetal verlief zur Zeit der Salztransporte ein Verbindungsweg von der sogenannten Oberen zur Unteren
Salzstraße. Im Bereich zwischen Seealpe und der Fallmühle sind noch Reste der einstigen Trasse im Gelände erkennbar. Wahrscheinlich wurde dieser Querweg genutzt, wenn bei schlechter Witterung die jeweiligen Pässe an den Talausgängen nicht passierbar waren.
An der Engstelle bei der Häusergruppe Enge, in der Nähe des alten Zollhauses waren noch bis in das 19. Jahrhundert Schanzenreste - aus der Zeit des Franzosenkrieges - auszumachen.
Vermutlich bis in das 16./17. Jahrhundert befand sich ein kleiner, flacher See in der Niederung des Tals westlich der heute noch als Seealpe bezeichneten Alpe. Inzwischen ist der See einer sumpfigen Feuchtwiese gewichen.
der Weiler Haldensee
Der direkt am Haldensee gelegene gleichnamige Weiler steht auf dem Geröllkegel des Edenbaches, welcher die Ansiedlung in früherer Zeit auch immer wieder durch Hochwasser und Muren bedrohte. Eine im 19. Jahrhundert vorgenommene Verbauung leitet dessen Wasser inzwischen unmittelbar nach dem Austritt aus der Schlucht - am Ort vorüber - gegen Osten in den See ab.
Eine Besonderheit scheint der nordöstlich des Weilers Haldensee befindliche, sogenannte
Lausbichl zu sein. In dem Aufsatz
"Das Innthal bei Kuffstein u. die Eiszeit" des Julius Jäger im Tiroler Grenzboten vom 15. Oktober 1899 steht dazu geschrieben:
"...wie ein ähnlicher Hügel bei Haldensee im Tannheimerthale, an welchen der Volksmund verschiedene Sagen von verborgenen Schätzen, einer geheimen Thür u.s.w. anknüpft und von dem es heißt, daß man ihn sich geologisch nicht zu erklären wisse...".
am Ende des 2. Weltkrieges
Ein fatales Ende nahm das letzte Aufbäumen des deutschen Widerstandes in den
letzten Kriegstagen von 1945, als die Amerikaner von der Enge aus den Ort mit Granaten beschossen. Der Großteil der im Ort befindlichen Häuser wurde zerstört und 32 Menschen kamen dabei ums Leben. Darüber hinaus wurde auch die Mehrheit der landwirtschaftlichen Existenzgrundlage vernichtet, denn auch 53 Rinder fanden den Tod im Granatenhagel.
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