In römischer Zeit besaß die Straße als Aufmarschroute des Militärs, als Handelsweg und zentrale Ader des Reiseverkehrs höchste Bedeutung. Sie war Grundlage für das Funktionieren der römischen Zivil- und Militärverwaltung.
Die Straße zwischen Meran und Augsburg
im Vinschgau
Die Bezeichnung der heute als Vinschgau bekannten Talschaft als westlicher Teil Südtirols wird von dem eisenzeitlich rätischen Volksstamm der Venosten abgeleitet (italienisch
Val Venosta), welche zeitlich schon lange vor der Erbauung der römischen Heerstraße hier siedelten. Etwa im Schnalstal und am
Tartscher Bichl bei Mals oder auch am Ganglegg oberhalb von Schluderns wurden ausgedehnte Siedlungsspuren entdeckt und freigelegt, welche in ihren Anfängen bis in die Jungsteinzeit zurückreichen. Das am Tartscher Bichl ausgegrabene rätische Haus ist vermutlich Teil einer stadtähnlichen Ansiedlung aus der Zeit von etwa 400 v. Chr. welche aus mindestens 80 Gebäuden bestand.
Von bemerkenswerter Bedeutung und eine Exkursion wert sind dabei nicht zuletzt die steinzeitlichen Siedlungsspuren im Schnalstal, welche durch ihre Reste von Bauten bis in Höhenlagen der 3000-Meter-Marke auch auf einen regen Übergang über den Alpenhauptkamm hinweg hindeuten. Die Handelsbeziehungen beispielsweise in das heutige Baltikum konnte man auf Grund der Bodenfunde belegen. Auch Handelsgüter, die hier nicht ihren Endpunkt erreichten, sondern über die Jöcher weiter nach Norden gelangten, in die Gebiete nördlich des Alpenbogens in das Alpenvorland und mindestens in den Donauraum.
Bozen
Es wird angenommen, dass sich im antiken Zeitalter lediglich eine kleine römische Ansiedlung, genannt 'Pons Drusi' - benannt nach Drusus, dem Stiefsohn des Kaisers Augustus, im Gebiet des heutigen Bozen befunden hat. Darüber hinaus sollen sich im nahen Umfeld im Groß nur sumpfige Auen erstreckt haben. Für den Übergang in das Frühmittelalter verortet man die womöglich rätische Ansiedlung
Bauzanum an jener Stelle, an der sich heute der Bozner Dom befindet.
Meran
Spätestens im 5. und 6. nachchristlichen Jahrhundert befand sich im Bereich des heutigen Obermais die befestigte römische Siedlung
statio Maiensis, mit dem dazugehörigen
Castrum Maiense, welches später mit der Zenoburg überbaut wurde. Etwa 200 Meter südwestlich des Castrums befand sich die Brücke über die Passer, von der die Straße weiter in Richtung Algund leitet, dem nächsten Brückenstandort. Inzwischen ist dort der vermeintlich spätantike Brückenkopf museal aufbereitet worden, wobei dendrochronologische Untersuchungen sowie Radiokarbonmessungen das gegenwärtig sichtbare Bauwerk in die Zeit des 15. Jahrhunderts zurück verlegten. Wahrscheinlich als Ersatzbau einer älteren Brückenkonstruktion in der Nähe errichtet.
Über die Geländestufe an der
Töll steuert die Trasse südlich von Partschins auf Rabland zu, dem ehemaligen Standort eines römischen Meilensteins aus dem Jahr 46 n. Chr. Heute findet sich eine Replik am Eingang des
Hanswirts, das Original wird im Stadtmuseum Bozen ausgestellt.
Am Fuß des Sonnenbergs, dessen Flanken und Geländestufen in der Eisenzeit wohl von mehreren Befestigungsbauten gesichert waren, leitet die Via Claudia nach dem heutigen Naturns. Unter dem Grundriss der St.-Prokulus-Kirche fanden sich bei Ausgrabungen in den achtziger Jahren des vorherigen Jahrhunderts Grundmauern eines Gebäudes aus dem Zeitraum um 600 n. Christus. Der Kapellenbau entstand in den Jahren zwischen 630 und 650. Die Fresken aus dem 7. Jahrhundert im Inneren des sakralen Baus sind bis heute erhalten.
Über Mals - wo sich zu Zeiten der Römer eine Villa rusticae befand - gelangt man in weiterer Folge an die Malser Heide, dem flächenmäßig größten Schwemmkegel der Alpen. Schräg ansteigend, ist die antike Trasse noch heute erhalten und dient als Radweg, auf welchem man nach Burgeis gelangt. Bereits von weitem fällt einem die weiß leuchtende Abtei Marienberg oberhalb des Ortes auf, dem höchstgelegenen Benediktinerkloster Europas.
Im Bereich der Malser Heide (Multen) ist die historische Route der Via Claudia umstritten. Am wahrscheinlichsten gilt der Verlauf an der westlichen Talseite entlang der jungen Etsch, bis vor den Haidersee (Planta). Noch schwieriger wird die Verortung des Weges im Bereich St. Valentin. Im südöstlich gelegenen Dörfl (Montaplair) sollen sich Spuren einer römischen mansiones gefunden haben, jedoch wäre diese Linienführung im Hinblick auf die sonst übliche Trassierung eher ungewöhnlich. Auch die Stauung des Reschensees im Jahr 1950 hat wohl alle Spuren der römischen Kaiserstraße in diesem Bereich getilgt. An der Anhöhe des Reschenpass dürfte schließlich die tiefste Einsattelung als Übergang gedient haben, so wie auch die heutige Straße die alte Trasse nutzt.
von Nauders nach Landeck
Die Feuchtwiesen des Stillenbaches umging die alte Straße an der östlichen Talseite (Fuhrmannsloch). Heute nutzt, wie so oft, der Radweg die alte Trasse und führt hinab nach Nauders - dem römischen Inutrion. Östlich am Schloss Naudersberg vorüber und weiter in Richtung Ortsmitte, verliert sie sich durch Überbauung, tritt dann aber wieder in Erscheinung und quert geradlinig flach anschneidend die B180. Parallel zur modernen Fahrstraße kreuzt sie nach der ersten Kehre die Fahrbahn um am östlichen Talrand zum Schweinboden hinunter zu leiten. Im Talboden ist sie durch Überbauung durch die Gewerbebetriebe nicht mehr sichtbar.
Seit 2017 wird an der Wiederherstellung des wohl schwierigsten Teilabschnittes der antiken Route als Radweg gearbeitet, dem Weg zwischen dem Sperrfort Nauders und Altfinstermünz. Einem aus geologischer Sicht äußerst anspruchsvollen Vorhaben, kommt es an den Felswänden und den Schluchten westlich des Bazahlerkopfes doch immer wieder zu schweren Felsstürzen und Murgängen. Nicht von ungefähr kommt die alte, auf das rätoromanisch zurückzuführende Bezeichnung
Vestmezia und/oder dem indogermanischen
mintsja, was übersetzt
bedrohlich emporragender Fels bedeutet.
An der Engstelle bei Altfinstermünz muss sich also auch schon zu römischer Zeit eine Brücke befunden haben. Auf der linken Seite des jungen Inn, stets einige Meter über dem Fluss bis Schalkl und über den Schergenbach. Die von Martina kommende Straße, ab Schergenbach bis zur Kajetansbrücke dürfte sich mit der antiken Trasse decken. In Richtung Vorderrauth verlief die Römerstraße etwas südlich der heutigen Bundesstraße und ist als Feldweg erhalten.
In mehrfacher Hinsicht bemerkenswert erscheint dabei auf jeden Fall der Ort
Fließ (
Panorama der Gemeinde Fließ von der Fließer Platte im Westen bis zum Pillersattel im Osten), zwei Kilometer Luftlinie westlich der Pillerhöhe (siehe Infokasten unterhalb). Heute findet sich im Ort das
Archäologische Museum Fliess, welches mit Exponaten aus der Bronze-, der Eisen- als auch der römischen Zeit aufwarten kann. Am Moosbruckschrofen etwa fand man 2001 ein mittelbronzezeitliches Depot mit über 350 Artefakten aus Bronze (ab etwa 1650 v. Chr.). Unter den zahlreichen Exponaten findet sich auch ein Kammhelm - der bisher älteste aufgefundene Helm Europas.
Weiters fand der Bauer Josef Kathrein beim Ausheben des Erdreiches für einen Bau direkt im Ort einen hallstattzeitlichen Bronzehort. Insgesamt 386 Gegenstände aus Bronze machen diesen Fund zu einem der bedeutendsten derartigen archäologischen Ereignisse im gesamten Ostalpenraum. Nicht zuletzt auch deshalb wird der Ort in Kreisen der Archäologie als Hot Spot angesehen.
Um die Engstelle am Inn kurz vor dem heutigen Landeck zu umgehen, ließen die römischen Geometer die Wegtrasse in die südseitigen Hänge aus dem
Fangapill ansteigen. In großen Teilen ist die Originalstrecke noch heute im Gelände erhalten. Die meisten der Wegabschnitte werden selbst bis zum heutigen Tag im Zuge des bäuerlichen Alltags genutzt. Ab Fließ behält der historische Weg dabei immer in etwa die Höhenmarke von 1050 bis 1070 Meter ü.N.N. bei, leitet unterhalb von
Eichholz in Richtung
Hinterstrengen um dann kurz nach passieren des
Kreuzangerles in das Steilgelände und zu der
Fließer Platte zu gelangen. Von dem Fels wurde dort in antiker Zeit zunächst nur wenig abgetragen um eine Fahrspur für die römischen Wagen zu erhalten. Durch Erosion und Abnutzung waren erst viel später neue Trassierungen notwendig und so entstanden über die Zeit im Mittelalter mehrere solcher aus dem Fels gehauene Trassenstufen, welche jeweils darunter angelegt wurden.
Der aufmerksame Beobachter zählt heute mindestens drei davon - die oberste stellt demnach auch die älteste Trasse dar. Später im
Schloßwald verläuft die VCA knapp unterhalb und parallel zum heutigen Forstweg. Im Bereich des sogenannten
Walchenloch sind entlang des Streckenabschnittes noch vereinzelt Gleisrillen erkennbar, danach ist eine genaue Zuordnung durch die zahlreichen Forstraßen jedoch schwierig, schneidet aber eine Kehre derselben an um dann am
Oberen Bödele mit dem Forstweg sich wieder zu vereinigen. Aus der Kehre leitet div VCA noch kurz nach Norden um dann in einer Schleife linker Hand gegen Südwesten abzuschwenken und knapp oberhalb der Waldkapelle in Richtung Schloss Landeck abzufallen.
Die Landecker Pfarrkirche dürfte sich also direkt an der antiken Wegführung befinden. Etwa im 4. und 5. Jahrhundert nach Christus setzt entlang des Straßenzuges in Landeck die Christianisierung ein. Ein Taufbecken aus der Zeit um 430 nach Christi Geburt in der heutigen Pfarrkirche "Unserer Lieben Frau Himmelfahrt" legt dies jedenfalls nahe.
der Brandopferplatz am Piller Sattel
die Pillerhöhe
Schon in der Bronzezeit führten die Wege und Saumpfade über den Piller Sattel als Abkürzung über Wenns im Pitztal, da das Inntal bei Fließ nur schwer passierbar war. Erst mit dem römischen Ausbau der Pfade zur Kaiserstraße Via Claudia Augusta wurde der Straßenverlauf in Richtung Tal verlegt.
Dem Heimatforscher Hans Thöni zufolge führte die Römerstraße gar nicht über Zams und Schönwies, sondern über den Piller Sattel, Wenns, Arzl im Pitztal und weiter nach Imst. Tatsächlich wären mit dieser Streckenführung einige Probleme (Brücken über den Inn, Engstellen, etc.) aus dem Weg geräumt, dennoch bleibt es vorerst rein spekulativ.
Der Brandopferritus am Opferplatz sah vorwiegend die Opferung von Schafen, Ziegen und Rindern vor. Dabei wurden jedoch nur die fleischarmen Teile der Tiere verbrannt, der fleischreiche Rest wurde wohl von den Festteilnehmern verzehrt. Offenbar herrschte die Vorstellung vor, dass das Feuer die Weihegaben entmaterialisieren und als Rauch zu den Göttern getragen würde. Dabei hat sich der Ritus über die 2000-jährige Nutzung des Opferplatzes mehrfach geändert.
Lagen zu Beginn noch Tiere auf dem Opferaltar, wandelte sich die Opfergabe später hin zu Schmuck, Trachtenbestandteilen oder Waffen. Teilweise wurden Keramiken oder Waffen auch rituell zerstört und in flachen Gruben im Bereich des Festplatzes deponiert. Viele Sachopfer wurden in die um den Opferplatz verstreut existierenden Felsspalten geworfen. Während der Römerzeit wurden bald nur noch Wertopfer in Form von Münzen in die Felsspalten eingebracht. Auch Votivschilde oder Trankopfer in Keramikschälchen wurden Göttern als Opfer dargebracht.
Gegen Ende des 4. Jahrhunderts wurde mit der Ausbreitung des Christentums der Opferplatz am Piller aufgelassen und geriet daraufhin in Vergessenheit. Erst im Jahr 1991 hatten Kassian Erhart und Franz Neururer die alte Kultstätte wiederentdeckt.
Eine römerzeitliche Variante über den Piller Sattel?
Warum denn nicht?
Möglicherweise dienten beide Trassen zu römischer Zeit dem Vorwärtskommen. Die kürzere Variante ist der Weg über den Piller Sattel allemal. Die Trassenführung ließe sich ab Fließ gegen Osten hinan zum Sattel noch heute anhand moderner Straßenzüge und alter Fußwege im Gelände nachvollziehen. Auch besäße ein Verlauf über den Piller Sattel ein wesentlich günstigeres Höhenprofil und würde gar den mutmaßlichen Standort eines römischen Wachturms bei Arzl, auf dem heutigen Burgstall, erklären.
von Landeck nach Imst
Von Zams (Perdann/Oberdorf) an den Hangfuß im Osten, leitet ein Weg entlang einem alten Obstgarten vorüber hin zu einem Wasserauffangbecken. Die Via Claudia passiert gleich im Anschluss einen Felsblock, welcher Spuren von Bearbeitung aufweist. Bald nach dieser Passage gelangt man an eine Weggabelung, wobei die obere - bereits verwachsene - Trasse wohl den alten Weg aus römischer Zeit darstellt. Eine Weiternutzung im Mittelalter bzw. der Neuzeit ist wahrscheinlich, da talseitig jeweils im Abstand von etwa fünf Metern Begrenzungssteine angebracht wurden. In der Ansiedlung Anreit ist die Altstraße von der modernen Fahrbahn überbaut. In der Kehre zweigt ein Weg ab, welcher möglicherweise die Römertrasse darstellt. Etwas weiter oben am Hang gibt es jedoch einen zweiten Hangweg, der ebenfalls für eine Nutzung in dieser Zeit in Frage kommt.
Mit den ausgedehnten Parkflächen des Liftes westlich von Rifenal wurden auch die Fahrspuren der Via Claudia verwischt. Nordöstlich der Flur 'Grube' scheint sich jedoch eine trassenförmige Geländestufe hinaus nach 'Puith' zu ziehen. Einer Geländestufe oberhalb der Felsabstürze des modernen Steinbruchs folgend, auf halber Höhe Rifenal umgehend in die Wiesenhänge von Patscheid, einem Wiesenflecken zwischen dem Abhang des Zammerbergs und dem Inn. Heute kaum mehr erkennbar, senkt sie sich in regelmäßigem Gefälle bis vor den Burgfelsen, auf welcher sich heute die
Ruine der Kronburg aufrichtet. Dort nördlich unterhalb senkrecht abfallender Felsschichtungen ist noch ein Teilstück mit Karren-Geleisen sichtbar. Es treten hier Rillen aus der römischen Kaiserzeit, als auch solche aus dem Zeitraum des Mittelalters auf. Jene mittelalterlichen Spuren wurden zudem noch mit Trittstufen versehen.
Der steil und isoliert aufragende Burgfelsen der Kronburg wurde in alter Zeit als 'Cirkafe' (Circaffe?) benannt. Bereits in der
Bronze-, wie auch der
Eisenzeit nutzten die Menschen den hohen Felsenturm als Aussichtspunkt - vielleicht auch zu kultischen Zwecken. Mit dem Alpenfeldzug der Römer schließt sich eine Nachnutzung an, wobei man hier wohl das römische
castellum Ircavium vermuten darf. Als Stützpunkt von Auxiliar-Einheiten vielleicht, wenn man etwa eine Inschrift eines Grabsteines in Saintes (Südwestfrankreich) betrachtet, einem gallischen Reiter gewidmet, der nach abgeleisteter Dienstzeit mit dem römischen Bürgerrecht beschenkt und einer Abteilung von sechshundert rätischen Speerwerfern (
Gaesati) vorgesetzt wurde und in eben jenem
Ircavium zur Sicherung der Nachschubversorgung
durch die
legio III italica stationiert war [
1].
Interessant scheint, weshalb die römische Straßenführung die Innquerung noch vor Erreichen des Mündungsgebietes des Starkenbaches vollzog und nicht etwa weiter innabwärts durchgeführt wurde. In Starkenbach selbst wurde Mitte des 19. Jahrhunderts ein Münzschatz gehoben, welcher ursprünglich wohl an die 200 römische Münzen fasste.
zwischen Imst und Nassereith
Für die römische Kaiserzeit ist am sogenannten 'Hoachruan' eine Ansiedlung nachweisbar. Vom Imster Ortskern ausgehend der heutigen Thomas-Walch-Straße gegen Nordosten folgend, dürfte sich die römerzeitliche Trasse etwa im Bereich des Radweges durch die Felder von Tarrenz, am kleinen Brenjursee vorüber, in Richtung Strad gezogen haben. Als Variante kommt auch die heutige moderne Straßenführung in Frage, ob Haupt- oder Nebenstrecke ist jedoch ungewiss. Jedenfalls bestand bereits zu römischer Zeit eine Ansiedlung im heutigen Tarrenz, sowie auch im Bereich des Weilers Dollinger.
Einen eindeutigen Hinweis zum Alter des Ortes Tarrenz birgt der Ortsname selbst. Abgeleitet aus dem romanischen Torrens, würde daraus in die deutsche Sprache übersetzt der 'wilde Bach'. Der wilde Bach ist hier eindeutig am Ausgang der Salvesenklamm zu suchen. In den Fluren südlich von Tarrenz ist von der einstigen Straße nichts mehr auszumachen, erst in Strad (abgeleitet aus dem lateinischen
via strata, was soviel wie Pflasterstraße bedeutet) dürfte man sich wieder mit relativer Sicherheit auf der Altstraße befinden.
In den 2010er Jahren werden intensive archäologische Forschungen im Strader Wald betrieben. Die freigelegten Funde lassen den Schluss zu, dass es sich bei den direkt an der Via Claudia Augusta angrenzenden baulichen Überresten einst um eine Gaststätte (tabernae) gehandelt hat. Die Münzfunde lassen eine zeitliche Einordnung der Nutzung des Gasthauses zu und verlegen diese in das 2. bis in das 3. Jahrhundert nach Christi Geburt. Vorwiegend wurden an der 80m² umfassenden Fläche Öfen (sehr wahrscheinlich zum Backen des Brotes), viele Scherben von hochwertigem Gebrauchsgeschirr (Terra Sigillata-Gefäße sowie einzelne Exemplare von Terra Nigra-Schalen) und eine Vielzahl an Pfostenlöchern aufgefunden.
Auch im Bereich Dollinger-Lager (Gemeinde Tarrenz) konnten Archäologen der Universität Innsbruck einen spektakulären Fund freilegen, welcher auch in der Zeit der Römer seine Nutzung fand. Es handelt sich dabei um einen Brandopferpflatz aus der Eisenzeit und ein Quellheiligtum, aber auch Relikte aus der Bronzezeit (2200 v. Chr. bis 800 v. Chr.) und der Römerzeit (15 v. Chr. bis beinahe 600 n. Chr.) traten dabei zutage.
Innsbrucker Nachrichten vom 8. Oktober 1938 - aus dem Artikel 'Arbeitsdienst erforscht Urgeschichte unserer Heimat - Aufdeckung einer frühgeschichtlichen Siedlung bei Tarrenz'
"...nicht nur, daß er den Platz auswählte, an dem während des Weltkrieges [Anm.: 1. Weltkrieg] ein Russenlager bestanden hatte; er hatte vielmehr einen Platz erkoren, der schon, wie sich herausstellte, vor vielen Jahrhunderten den Talbewohnern zur Ansiedlung gedient hatte... [...] ...stieß man in einem kleinen Gehölz auf eine Reihe von Eisenfunden: Schwerter, schwere Torschlüssel, Hufschuhe, Feuerzangen, Messer, Fingerringe u. dgl...."
von Nassereith nach Biberwier
Der von Nassereith herleitende Straßenverlauf schwenkt unterhalb der mittelalterlichen Burg Fernstein orografisch rechts gegen Nordost und zieht am Ufer des Fernsteinsees knapp oberhalb des heutigen Forstweges in Richtung Samerangersee. In einem weiten Bogen leitet die Trasse um den See und in mäßiger Steigung als Hangweg hinauf zu der heutigen Fahrbahn. Bei der Ausweiche bzw. dem Parkplatz
Abbildung einer Hipposandale wie sie im Gemeindegebiet von Biberwier aufgefunden wurde
an der Brücke über den vom Schanzlsee herabstürzenden Bach ist die Trasse eigentlich nicht mehr auszumachen. Erst weiter oben, im südexponierten bewaldeten Hang tritt sie als Hohlweg wieder in Erscheinung. Abermals die neuzeitliche Fahrbahntrasse querend zieht die Altstraße gegen Osten in Richtung dem alten Fern hinauf.
Geleisrillen werden an einer Felsplatte sichtbar, welche aber aufgrund des Radabstandes von 99 cm in die Zeit der mittelalterlichen Nutzung fallen. Mit zunehmender Höhe geht der Hangweg in einen Hohlweg über, einige Meter oberhalb ist eine schwächer ausgeprägte, zweite Trasse zu erkennen. Diese zweite Trasse fällt allerdings auch in den Zeitraum der Nutzung als
Salzstraße. Kurz vor Erreichen der römerzeitlichen Passhöhe gräbt sich der Hohlweg immer tiefer in den Hang. Teilweise sind hangseitige Stützmauern sichtbar und kurzzeitig verlaufen recht steile Kehren über eine Geländekante.
Von der Anhöhe des sogenannten 'Alten Fern' hinab in Richtung Weißensee sind im Grunde keine offensichtlichen Spuren der Altstraße mehr erkennbar. Jedoch wurde im Jahr 2003 eine Hipposandale (Pferdehufeisen) aus römischer Zeit aufgefunden und gibt so indirekt einen Hinweis auf deren Existenz. Weiters interessant ist ein kleiner, wenig ausgeprägter 'Gufel' ganz knapp vor der höchsten Stelle der Trasse. Gerade im Hinblick auf die sonst üblichen Höhenheiligtümer an den Passübergängen lässt diese Örtlichkeit der Phantasie jede Menge Spielraum.
Abschrift der Infotafel am "alten Fern"
Auch heute noch lauern auf den Alpenpässen Gefahren. Denken wir nur an Lawinenabgänge im Winter. Es ist auch einiges an Kraftanstrengung notwendig, wenn man sie sich aus eigener Kraft erarbeitet. In der Römerzeit waren die Strapazen und Gefahren noch größer und zahlreicher. Die Reisenden mussten mit Felsstürzen, überraschenden Gewittern, Muren, ... rechnen. Ein Reisebericht erzählt von herabstürzenden Eismassen, die ganze Reisegesellschaften in jähe Schluchten stürzten. Die Reisenden waren sich der Gefahren bewusst und waren dementsprechend froh, wenn sie oben angekommen waren. Sie dankten den Göttern und baten gleichzeitig um einen unfallfreien Abstieg - Merkur, den wendigen und listenreichen Gott des Handels, Herkules, der auf langen Wanderungen durch seine stetige Hilfeleistungen zum Beschützer der Passanten auf allen Straßen wurde und Epona, einer keltischen Göttin, die immer zu Pferd dargestellt wird. Den Christopheruskapellen an unseren Straßen vergleichbar entstanden auf allen Passhöhen Heiligtümer, an den Votivgaben wie Münzen, kleine Statuetten, Votivtafeln, ... zurückgelassen wurden. Auch am Fernpass hat sich mit ziemlicher Sicherheit ein Heiligtum befunden, Archäologen haben danach gesucht, sind bisher aber nur an einigen Orten auf Münzen gestossen...
Heute sind lediglich noch im Bereich des Weißensees eindeutige Spuren (wenigstens einer mittelalterlichen Nutzung) zu erkennen. Im Bereich Kohlstatt und entlang des heutigen Lärchenwegs finden sich keine offensichtliche Hinweise mehr, die auf die alte Römerstraße oder die Salzstraße hindeuten würden. Eine sehr schwach ausgeprägte und schmale Trasse verläuft etwa 20 Meter östlich des heutigen Wanderwegs, ist aber nicht mit Bestimmtheit als antike Trasse anzusprechen. Ebenfalls sind im Siedlungsgebiet von Biberwier diesbezüglich keine eindeutigen Zeugnisse mehr ersichtlich.
Geleisstraßen im Außerfern
An manchen Stellen der Via Claudia finden sich Geleisstrassen. Allerdings sind diese Geleisprofile oft nicht mit den römischen Wagen in Verbindung zu bringen, da der Spurbreitenabstand zu gering ausfällt. Klaus Wankmiller schreibt dazu in seinem Beitrag "Römische Straßenspuren im Außerfern": "..., die im Gegensatz zum mittelalterlichen Rillenabstand von genau 1 m eine Spurweite von 107 cm aufweisen...".Somit ist die in Biberwier aufgefundene Geleisstrasse am sogenannten "scharfen Eck", wie auch weiter unten erwähnt, nicht auf das Zeitalter der Römer zurückzuführen. Vielmehr wird diese Wagenspurvertiefung im Fels ein Hinweis auf die mittelalterliche Nutzung bedeuten.
Im Bereich Katzenmühle / Waldrast (bei Ehenbichl) habe es ebenfalls Spurrillen gegeben. Jedoch dürften auch diese heute nicht mehr sichtbaren Spuren viel eher mit der mittelalterlichen Nutzung in Verbindung zu bringen sein.
Mehrere Holzgebäude einer römischen Straßen- und Poststation (Pferdewechselstation, römische Reichspost [cursus publicus]), eine sogenannte
mansiones, wurden im Laufe archäologischer Grabungen im Bereich zwischen dem Ortsteil Schmitte und dem Ortszentrum von Biberwier (Baubeginn wohl um 14 bis 37 n. Chr.), direkt am Verlauf der Via Claudia Augusta gelegen, freigelegt. Anhand der dort aufgefundenen Gebrauchsgegenstände konnten sich Handels- und Kulturbeziehungen zu Oberitalien, Südfrankreich, dem Rheinland und sogar bis in den Raum der Ägäis nachweisen lassen.
Im Falle der Station in Biberwier handelte es sich aber wohl um eine der kleineren Anlagen, welche in erster Linie dem Reit- oder Zugtierwechsel diente. Die größeren römischen Raststationen boten den privilegierten Reisenden darüber hinaus auch recht komfortable Beherbergungsmöglichkeiten, großteils mit Therme und nicht selten mit einem kleinen Heiligtum ausgestattet.
Durch das Lermooser Moos
Der Prügelweg (Bohlenweg) durch das Lermooser Moos veranschaulicht deutlich, dass die Straßenbauer aus römischer Zeit nicht versuchten eine Moorfläche zu umgehen, sondern mit großem bautechnischen Wissen eine 1,5 Kilometer lange Trasse schnurgerade durch das Moos anzulegen vermochten. Mit einer Trassenbreite von bis zu 8 Metern und einem etwa 1,7 Meter tiefen Fundament konnte auf ihr eine Legion problemlos durch die Moorlandschaft ziehen.
Speziell die im Moor erhaltenen Spuren wie Pollen oder Überreste von Kleinlebewesen und anderer unter Luftabschluss in die Torfschichten eingebetteten Artefakte geben Aufschluss über die Art und den Zeitpunkt menschlicher Landnahme und Landnutzung. So wurden beispielsweise Brandrodungen und erste Ackerflächen in der weiteren Umgebung für den Zeitraum ab etwa 1500 Jahren vor Christus durch die Pollenanalysen belegt.
Bis zum heutigen Tag ist dieses Straßendenkmal über die Grenzen Tirols hinaus einzigartig. In mehreren Grabungsabschnitten wurde die Trasse seit 1993 genauer erforscht und feldarchäologisch untersucht. Die früher für römischen Ursprungs gehaltene Geleisstrasse am sogenannten "Scharfen Eck" bei Biberwier konnte aufgrund ihrer Spurbreite von 1 Meter in das Spätmittelalter bzw. die frühe Neuzeit eingestuft werden.
Ehrwald vor 2000 Jahren
teilweise übernommen von der Infotafel "die römerzeitlichen Funde" in Ehrwald
Seit 1954 wurden beim Bau von Privathäusern mehrere römerzeitliche Gräber entdeckt. Den archäologischen Untersuchungen zufolge handelt es sich bei den Bestattungen um jene der sogenannten Heimstettener Gruppe. Als Grabbeigaben dominieren bei dieser Gruppe gerade in den Frauengräbern massive Halsreifen, Armreifen, Sprossen-Gürtelhaken, große und kleinere Fibeln. Die zeitlich begrenzte Siedlungstätigkeit dieser Heimstettener Gruppe entlang der römischen Hauptverkehrsachse in der ersten Hälfte des 1. Jahrhunderts nach Christus lässt ein kurzes Wiederaufflammen keltischer Gebräuche und Riten erkennen.
Im angenommenen Siedlungsbereich in Ehrwald konnte sich diese Gruppe nach aktuellem Forschungsstand jedoch nur eine oder maximal zwei Generationen halten. Danach fehlen Hinweise auf eine Siedlungskontinuität in diesem Gebiet.
Von Lermoos nach Bichlbach
Aus dem Moos kommend leitete die Via Claudia einst direkt an den Fuß der Erhebung, welche heute die Kirche von Lermoos als weithin sichtbare Landmarke trägt. Von Süden kommend schwenkt die antike Trasse gegen Westen. Dabei hat sie vermutlich zwischen der heutigen Straßenkreuzung Biberwier / Ehrwald und dem Abzweig der Zufahrtsstraße zu den Parkplätzen der Grubigsteinbahn für etwa 300 Meter Wegstrecke den selben Straßenkörper genutzt wie die moderne Fahrbahn. Danach ging sie in die heute als "Alte Straße" bezeichnete Wegführung über, stets oberhalb des Riegelbaches bleibend. Erst ab der Höhe des Schwemmkegels des Tuftlbaches dürfte die Römerstraße das Bett des Riegelbaches gequert haben um dann in den Anstieg nach dem heutigen Untergarten überzugehen.
Denar des Augustus - ca. 15 v. Chr.
Als lange Rampe durchschneidet sie den Hang und steigt bis etwa 1100 M.ü.N.N. an um dann in den Tobel des Gartner Tals zu leiten, wo der Bachlauf überschritten wird. Im Gegenhang führt eine weitere Steigung hinaus zu dem Lermooser Ortsteil Obergarten (1088 m). Die historische Trassierung verlief aber offenbar etwas tiefer und erreichte etwa bei der Kapelle von Obergarten den heutigen Straßenzug um gleich wieder ansteigend die Mulden und Halden im Nordwesten der heutigen Siedlung zu erreichen. Dabei gab und gibt es zwei recht gehörige Steigungen zu überwinden (> 17%) um den oberen Scheitelpunkt (ca. 1135 m) zu erreichen, bevor die als Wiesenweg sichtbare Straße sich wieder gegen Lähn hin absenkt. Durch Wald und über eine Lichtung gelangt die Straße zuletzt etwa 50 Meter westlich des Weilers Rautängerle im Talboden an um auch gleich den Riegelbach und die B179 Fernpassstraße zu überqueren und in nordwestliche Richtung auf den Kirchturm von Lähn zuzusteuern.
Die Lähner Dorfstraße dürfte sich in etwa mit der antiken Straße decken. Recht geradlinig fällt der Straßenzug dabei sanft gegen Westen ab um durch Wengle zu führen. Westlich des Dorfes folgt die historische Route zunächst dem Feldweg, welcher kurzzeitig parallel zu der B179 verläuft. Bei dem Anstieg auf den überwachsenen Schuttfächer des Thegetals schwenkt die Via Claudia etwas nach Nordwesten ab um den Kegel in sanfter Steigung und leicht ausholend zu überwinden. Der bezeichnende Bogen schließt zuletzt wieder in etwa an der heutigen Ortseinfahrt Bichlbach-Ost an den modernen Straßenverlauf an.
Wie auch in den anderen Ortschaften entlang der Straße fanden sich auch hier einige Münzen aus der römischen Kaiserzeit.
Von Bichlbach zur Ehrenberger Klause
Von der westlichen Ortsausfahrt Bichlbachs entlang der alten Bundesstraße, welche heute als Zufahrt der Almkopfbahn genutzt wird, verlief auch die alte Via Claudia Augusta. Über dem Grundbach deckt sich der antike Verlauf mit der Zufahrt der Almkopfbahn, steigt zu der B179 an und überquert diese. Am höchsten Punkt der Anhöhe geht die Reichsstraße in einen doppelten Hohlweg über, welcher nördlich der heutigen Fahrbahn durch die Weidefläche verläuft. Den Grundbach passierend leitet sie nach Heiterwang hinein. Der historische Straßenzug würde sich damit annähernd mit jenem der alten Bundesstraße decken, zuletzt jedoch wohl eher etwas südlich davon verlaufen.
Auch ab Heiterwang verläuft die alte Trasse parallel zu der neuzeitlichen Straße und ist im Bereich der Auffahrt auf die B179 mit jener überbaut, lediglich an einer Ausbuchtung der Felsen kommt sie am südwestlichen Abhang des Gschwendtkopfes kurzzeitig zum Vorschein. Wieder deckungsgleich mit der neuzeitlichen Trasse, führt die alte Via Claudia über die heute asphaltierte südliche Zufahrt zu der Ehrenberger Klause hinab.
Einzelnachweise
1. Der Bodensee in frührömischer Zeit; Hans Lieb (1969) und auch 'Die Lagerbeschreibung des sog. Hygin und die Provincialmilizen'; J. Jung (1890)